Normenkette
AO § 227; BGB § 280 Abs. 1, §§ 611, 675 Abs. 1
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Februar 2017 verkündet Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels geändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 9.864,48 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2016 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben zu 3 % die Klägerin und zu 97 % der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Steuerberaterleistungen in Anspruch.
Wegen des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, die Klägerin als Rechtsnachfolgerin darauf hinzuweisen, dass aus den geänderten Feststellungsbescheiden erhebliche Nachzahlungen der Einkommensteuer resultieren können, deren Verzinsung durch freiwillige Vorauszahlungen verringert werden könnte. Der Steuerberater habe nur im Rahmen des ihm erteilten Auftrags umfassend zu beraten, der Beklagte sei aber mit der Überprüfung der Feststellungsbescheide nicht beauftragt gewesen. Aus dem einkommensteuerlichen Mandat sei er ebenfalls nicht zur Erteilung dieses Rates verpflichtet gewesen, da ihm das Ergebnis des Einspruchsverfahrens gegen die Feststellungsbescheide erst im Dezember 2014 bekannt geworden sei, so dass er zuvor die Auswirkungen auf die Einkommensteuer auch nicht habe verlässlich beurteilen können. Ein entsprechender Rat wäre zudem entgegen der ausdrücklichen Weisung der Klägerin erfolgt, die um ungeprüfte Übersendung der Feststellungsbescheide an die andere Steuerberaterkanzlei gebeten habe.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt. Die Klägerin hält an ihrer Auffassung fest, dass es die aus dem einkommensteuerlichen Mandat resultierende Pflicht des Beklagten gewesen sei, die Klägerin über die möglichen Auswirkungen der Änderung der Feststellungsbescheide und die Möglichkeit der Vorauszahlungen ungefragt zu beraten. Das landgerichtliche Urteil widerspreche der obergerichtlichen Rechtsprechung. Zudem habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, dass durch die Weisung, die Feststellungsbescheide zu deren Überprüfung an die anderweitig beauftragte Steuerberaterkanzlei zu übersenden, dem Beklagten auch untersagt worden sei, die Bescheide zur Kenntnis zu nehmen.
Die Klägerin beantragt,
das am 2. Februar 2017 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 10.162,83 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil unter Hinweis auf verschiedene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs.
II. Die Berufung der Klägerin hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 675 Abs. 1, 611, 280 Abs. 1 BGB wegen schuldhafter Verletzung der ihm aus dem steuerrechtlichen Mandat obliegenden Pflichten. Der Beklagte wäre verpflichtet gewesen, die Klägerin darüber zu informieren, dass die Änderung der Feststellungsbescheide eine verzinsliche Einkommensteuernachzahlung zur Folge haben könnte und diese eventuelle Zinslast durch Vorauszahlungen an das Finanzamt verhindert werden kann. Die Klägerin hat sich allerdings schadensmindernd die Kosten anrechnen zu lassen, die im Fall der beratungsgerechten Beauftragung des Beklagten mit der Ermittlung des Nachzahlungsbetrages entstanden wären. Insoweit war die Klage abzuweisen.
Dieser Beurteilung liegen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Der Beklagte war langjähriger steuerlicher Berater des Rechtsvorgängers der Klägerin. Er war mit der Erstellung der persönlichen Einkommensteuererklärung für den Rechtsvorgänger der Klägerin mandatiert. Dieses einkommensteuerliche Mandatsverhältnis bestand auch noch gegenüber der Klägerin fort, als die geänderten Feststellungsbescheide für die Jahre 2003 bis 2007 dem Beklagten als Empfangsbevollmächtigten der Grundstücksverwaltungsgesellschaft K... ... mbH & Co. KG am 9. Oktober 2012 zugestellt wurden, auch wenn zu diesem Zeitpunkt bereits die Steuerberatungsgesellschaft M... & C.... GmbH mit der Überprüfung der Feststellungsbescheide beauftragt war. Das ist zwischen den Parteien unstreitig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Steuerberater im Rahmen des ihm erteilten Auftrags verpflichtet, den Mandanten umfassend zu beraten und ungefragt über alle steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen zu unterrichten. Er hat seinen Mandanten möglichst vor Schaden zu schützen. Hierzu hat er den relativ sichersten Weg zu dem angestrebten...