Leitsatz (amtlich)
1. Zur Verkäuferhaftung bei fehlerhafter Ankaufsuntersuchung eines Pferdes.
2. Zum Verhältnis der Klauseln über die sportliche und gesundheitliche Beschaffenheit eines Pferdes zueinander.
Verfahrensgang
LG O. (Urteil vom 29.08.2014) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 10. Zivilkammer des LG O. vom 29.8.2014 geändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Rückabwicklung eines Vertrages über den Kauf der seinerzeit siebenjährigen Stute B. wegen behaupteter Mängel des Pferdes.
In dem Kaufvertrag heißt es:
"§ 3 Beschaffenheitsvereinbarung
1. Sportliche Beschaffenheit:
1.1. Das Pferd ist
o ungeritten
x angeritten
o sonstiges
1.2. Das Pferd ist
o noch nicht im Sport eingesetzt
x bereits im Sport eingesetzt
o bisher ohne Erfolg
x mit Erfolgen
in nachstehenden Disziplinen: Dress.-A.
2. gesundheitliche Beschaffenheit
x mit tierärztlicher Kaufuntersuchung
Vereinbart wird die gesundheitliche Beschaffenheit des Pferdes durch eine tierärztliche Kaufuntersuchung feststellen zu lassen.
Beauftragt wird der Tierarzt: Dr. U. Jxxxxxxxxx
Der schriftliche Bericht der durchgeführten Kaufuntersuchung ist Gegenstand dieses Kaufvertrages und gleichzeitig einvernehmliche Feststellung der gesundheitlichen Beschaffenheit des Pferdes, soweit dieser bei Abschluss der Käuferseite vorliegt und vom Tierarzt mangelfrei erstellt wurde. Vom Tierarzt auftragsgemäß nicht durchgeführte Untersuchungen sind nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung über die Beschaffenheit des Pferdes.
(...)
§ 4
Das Pferd wird verkauft unter Ausschluss jedweder Mängelhaftung des Verkäufers. Von diesem Ausschluss mit umfasst sind auch alle versteckten Mängel des Pferdes zum Zeitpunkt des Verkaufs, es sei denn der Verkäufer habe bestimmte Eigenschaften vertraglich zugesagt oder Mängel arglistig verschwiegen."
Drei Tage vor Abschluss des Kaufvertrages war die Ankaufuntersuchung durchgeführt worden. Ausweislich des Untersuchungsprotokolls, auf das wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird (Anlage 2 zur Klageschrift, Bl. 18 ff. d.A.), hatte die Ärztin lediglich 2 Engstände der Dornfortsätze BWS/LWS mit Berührung in der Sattellage befundet (sog. "kissing spines"), die nach ihren Feststellungen die klinische Gesundheit des Pferdes zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht beeinträchtigten; auf die Bedeutung einer angemessenen Reitweise war in diesem Zusammenhang hingewiesen worden.
(...)
Mit Schreiben vom 25.4.2012 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten den Rücktritt von dem Kaufvertrag und forderte sie auf, das Pferd bis zum 7.5.2012 bei ihr abzuholen. Daneben forderte sie den Ersatz folgender Aufwendungen
Kosten der Ankaufuntersuchung 530,26
Chiropraktische Behandlung durch Dr. S. 160,00
Untersuchung durch Dr. H. 99,19
Untersuchung durch Dr. H. 189,49
Chiropraktische Behandlung durch Dr. S.110,00
Gesamt1.088,94
Die Klägerin hat behauptet, bereits innerhalb der ersten 14 Tage nach der Übergabe des Pferdes hätten sich zahlreiche Auffälligkeiten gezeigt. So habe das Pferd beim Longieren mit ordnungsgemäß eingestellten Ausbindern regelmäßig abgestoppt und sei mit den Vorderbeinen in die Luft gestiegen. Auch unter dem Reiter habe es diese Verhaltensweisen gezeigt. Habe man die Ausbinder entfernt, seien diese Probleme dagegen ausgeblieben. Darüber hinaus habe das Pferd von Anfang an Auffälligkeiten beim Satteln und Putzen, insbesondere in der Sattellage gezeigt. So habe es versucht auszuweichen, zu bocken und zu beißen. Alle diese Symptome seien geradezu typisch bei einer Fehlstellung der Dornfortsätze bzw. Beschwerden im Rücken. Bis Februar 2012 habe sich die Stute insgesamt nur sehr unwillig reiten lassen. Am Ende sei es so schlimm gewesen, dass sie versucht habe, ihren jeweiligen Reiter hinunter zu bocken. (...)
Die Rittigkeitsprobleme seien auf die sich berührenden Dornfortsätze der Wirbelsäule zurückzuführen. Insofern liege - entgegen den Feststellungen im Rahmen der Ankaufuntersuchung - eine eindeutige Schmerzsymptomatik vor. (...)
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 8.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.6.2012 zu zahlen Zug um Zug gegen Rückgabe der Stute "B", Lebensnummer DE XXX,
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahem der im Klageantrag zu 1) genannten Stute seit dem 7.5.2012 in Annahmeverzug befindet,
3. festzustellen, dass die Beklagte seit Beginn des Annahmeverzuges zur Übernahme sämtlicher Kosten aufzukommen hat, welche für den Unterhalt, den Werterhalt, die medizinische Versorgung und die Versorgung durch den Hufschmied des Pferdes notwendig sind,
4. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.425,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorge...