Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 9 O 3307/21) |
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 2. Mai 2024 wird aufrechterhalten.
Die Klägerin hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) wird gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1, § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II. Der Einspruch und die Berufung der Klägerin haben in der Sache keinen Erfolg.
1. Die Klagepartei hat keinen Anspruch auf die mit dem Hauptantrag nunmehr geltend gemachte Erstattung eines Minderwerts bzw. Differenzschadens in Höhe von mindestens 11.167,06 EUR.
Denn nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Maßstäben zum "kleinen" Schadensersatz nach § 826 BGB sind Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs im Wege der Vorteilsausgleichung insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags (gezahlter Kaufpreis abzüglich Minderwert) übersteigen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Januar 2022 - VIa ZR 100/21, juris Rn. 17 ff. mwN). Das gilt auch im Hinblick auf den sogenannten Differenzschaden gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 80 mwN). Dabei hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass dies im Einzelfall auch zu einem vollständigen Wegfall des Schadensersatzanspruchs führen kann, ohne dass Grundsätze des Unionsrechts dem entgegenstünden (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juli 2023 - VIa ZR 752/22, juris Rn. 12).
Liegt die Schädigung in dem Abschluss eines Kaufvertrags über ein bemakeltes Fahrzeug, ist der Geschädigte nicht darauf beschränkt, gegen die Erstattung des Kaufpreises unter Anrechnung einer Nutzungsentschädigung und sonstiger Vorteile die Kaufsache herauszugeben. Er kann die Kaufsache behalten. Als Schaden kann er dann den Betrag ersetzt verlangen, um den er den Kaufgegenstand - gemessen an dem objektiven Wert von Leistung und Gegenleistung - zu teuer erworben hat. Der Geschädigte wird damit so behandelt, als wäre es ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage gelungen, den Vertrag zu einem niedrigeren Preis abzuschließen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2022 - VIa ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033 Rn. 9, 15).
Vorliegend kann offen bleiben, ob und in welcher Höhe die Klagepartei den betroffenen Pkw zu teuer erworben hat. Denn nachdem die Werte von Leistung und Gegenleistung ermittelt sind, muss sich der Geschädigte die Vorteile anrechnen lassen, die in einem inneren Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis stehen (BGH, Urteil vom 24. Januar 2022 - VIa ZR 100/21, NJW-RR 2022, 1033 Rn. 16). Nach Anrechnung dieser Vorteile verbleibt der Klagepartei kein Anspruch gegen die Beklagte mehr. Insoweit ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn der Anspruch auf kleinen Schadensersatz durch die als Vorteil gegenzurechnende Nutzungsentschädigung sowie den Restwert des Fahrzeugs aufgezehrt ist (BGH, aaO Rn. 24). Allerdings sind Nutzungsvorteile und der Restwert des Fahrzeugs erst dann und nur insoweit schadensmindernd anzurechnen, als sie den tatsächlichen Wert des Fahrzeugs bei Abschluss des Kaufvertrags übersteigen (BGH, aaO Rn. 20; Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 80). Aber auch nach dieser Maßgabe wäre der hier von der Klagepartei geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von mindestens 11.167,06 EUR durch anzurechnende Vorteile aufgezehrt.
Zunächst hat die Klagepartei durch die Nutzung des Fahrzeugs einen Vorteil gehabt. Die Berechnung des Nutzungsvorteils erfolgt nach der Formel: "Nutzungsvorteil gleich Bruttokaufpreis multipliziert mit der seit Erwerb gefahrenen Strecke geteilt durch die erwartete Restlaufleistung im Erwerbszeitpunkt" (BGH, aaO Rn. 24) unter Berücksichtigung der vom Senat angenommenen erwartbaren Gesamtlaufleistung von 300.000 km (§ 287 ZPO) und dem von der Beklagten nicht bestrittenen Kilometerstand (188.000 km) zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung des Fahrzeugs am 5. Januar 2024.
Ferner ist der von der Klagepartei erzielte Verkaufserlös von 26.000 EUR zu berücksichtigen, der auch von der Beklagten nicht beanstandet wird, die selbst - laut Anlage BE15 - von einem geringeren Restwert (25.684 EUR) zum Zeitpunkt der Weiterveräußerung ausgeht. Daraus ergibt sich - selbst wenn man den von der Klagepartei noch in erster Instanz geltend gemachten Minderwert von 25% des (Netto-)Kaufpreises zugrunde legt - folgende Berechnung:
a) Netto-Kaufpreis 72.447,09 EUR
b) Km-Stand z.Zt. des Kaufs 0
c) Km-Stand bei Verkauf 188000
d) Restlaufleistung z.Zt. des Kaufs 300000
e) Vorteil/km 0,2414903
f) gefahrene km 188000
g) Nutzungsvorteil (km) 45.400,18 EUR
h) Netto-Verkaufserlös 26.000,00 EUR
i) Nutzungsvorteil + Restwert (g + h) 71.400,18 EUR
j) Netto-Fahrzeugwert z. Zt. des Kaufs bei 25% Minderwert 54.335,32 EUR
k) Netto-Minderwert 25% 18.111,77 EUR
l) darauf anzurechnender Vorte...