Leitsatz (amtlich)
Ein Tierhalter, der Aufgaben bei der tierärztlichen Versorgung seines Tieres übernimmt, wird „wie ein Beschäftigter” in der Praxis tätig.
Normenkette
SGB VII § 109
Verfahrensgang
LG Osnabrück (Aktenzeichen 9 O 836/01) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.8.2001 verkündete Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des LG Osnabrück wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer liegt unter 60.000 DM
Tatbestand
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz für die Folgen eines Katzenbisses in Anspruch.
Die Klägerin suchte während ihres Urlaubs am 11.8.2000 die tierärztliche Praxis des Beklagten auf, um ihren Kater wegen eines Abzesses am Schwanz behandeln zu lassen. Auf Bitten des Beklagten hielt sie das Tier während der Behandlung am Kopf. Als der Beklagte sich der Behandlung des Tieres zuwandte, biß dieses die Klägerin in den Daumenballen der rechten Hand. Der Beklagte versorgte die Wunde zunächst mit Jod und einem Pflaster. Danach schloß er die Behandlung des Katers ab.
Die Wunde hatte sich infiziert, so dass die Klägerin am folgenden Tag zu einer einwöchigen stationären Behandlung aufgenommen werden musste. Auch nach Abheilung der Verletzung blieben im Daumenballenbereich schmerzhafte Bewegungseinschränkungen. Aufgrund einer diagnostizierten Sattelgelenksathrose erfolgte Anfang dieses Jahres eine weitere Operation.
Mit dem Vorbringen, der Beklagte habe die Verletzung nicht ausreichend versorgt und sie nicht über mögliche Komplikationen sowie die Notwendigkeit weiterer Behandlungen informiert, hat die Klägerin ein Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 8.000 DM sowie Ersatz ihres jeweils näher dargelegten Haushaltsführungs- und Erwerbsschadens i.H.v. insgesamt 9.000 DM geltend gemacht.
Der Beklagte ist der Klage unter Verweis auf den Haftungsausschluss nach § 104 SGB VII entgegengetreten. Im Übrigen hat er ausgeführt, dass er und seine Ehefrau die Klägerin auf die Notwendigkeit einer ärztlichen Behandlung hingewiesen hätten.
Durch das am 15.8.2001 verkündete Urteil hat der Einzelrichter der 9. Zivilkammer des LG Osnabrück die Klage nach Beweisaufnahme abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Klägerin mit ihrer fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens führt sie zu den Aufklärungspflichten des Beklagten und der Verteilung der Beweislast weiter aus.
Die Klägerin beantragt das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie
a) ein angemessenes Schmerzensgeld (Vorstellung 8.000 DM) nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit dem 2.2.2000,
b) zum Ersatz des Erwerbsschadens für den Zeitraum vom 1.10.2000 bis 28.2.2001 3.150 DM nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit (0.4.2001)
c) zum Ersatz des Haushaltsführungsschadens für den Zeitraum vom 11.8.2000 bis 28.2.2001 5.850 DM nebst Zinsen von 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG seit Rechtshängigkeit (4.4.2001)
zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil.
Von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Beklagte schuldet der Klägerin aus keinem rechtlichen Grund Ersatz der ihr aus dem Katzenbiß entstandenen Schäden.
Einem Erfolg des Rechtsmittels steht bereits § 104 SGB VII entgegen. Nach dieser Vorschrift (früher § 636 RVO) sind Unternehmer den in ihrem Betrieb tätigen Versicherten nur bei Wegeunfällen oder dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt haben. Im Übrigen sind Ansprüche – mögen sie auf Vertrag oder unerlaubter Handlung beruhen – ausgeschlossen. Der Kreis der Versicherten ist dabei nach ständiger Rechtsprechung sehr weit gezogen. Zu den versicherten Arbeitnehmern zählen gem. § 2 SGB VII nicht nur in einem ständigen Beschäftigungsverhältnis stehende Beschäftigte (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII), sondern auch solche Personen, die wie nach Abs. 1 Nr. 1 versicherte Arbeitnehmer im Betrieb tätig werden (§ 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII). Insofern ist es ausreichend, dass mit der für den Unternehmer übernommenen Aufgabe Tätigkeiten ausgeübt werden, wie sie sonst typischerweise Arbeitnehmer erbringen. Dabei ist es unerheblich, ob Arbeiten nur vorübergehend und aus Gefälligkeit übernommen wurden. Entscheidend ist allein, ob der Geschädigte „wie ein Beschäftigter” für den Unfallbetrieb tätig geworden ist (BGH v. 16.12.1986 – VI ZR 5/86, MDR 1987, 489 = NJW 1987, 1643; vgl. auch zur Hilfeleistung für einen Tierarzt OLG Düsseldorf v. 7.6.1990 – 8 U 89/89, NJW-RR 1991, 605).
Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Klägerin hat den Kopf des Katers auf Bitten des Beklagten festgehalten, um diesem die Durchführung der Behandlung zu ermöglichen. Wie die Klägerin selber ausführt, hat sie damit eine Aufgabe übernommen, die ...