Verfahrensgang
AG Stralsund (Entscheidung vom 17.05.2010; Aktenzeichen 71 VI 477/09) |
Tenor
1. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Stralsund - Nachlassgericht - vom 17.05.2010 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligte zu 1. trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 3.000,00 €
4. Der Antrag der Beteiligten zu 1., ihr für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Erblasser verstarb am 24.02.2009. Am 03.12.2009 beantragte die Beteiligte zu 2., die Ehefrau des Erblassers, die Erteilung eines Erbscheins aufgrund gesetzlicher Erbfolge für die Beteiligten zu 1. bis 4. Am 11.01.2010 wurde der Erbschein antragsgemäß erteilt, welcher auch die Beteiligten zu 1. bis 4. als Erben auswies.
Am 08.02.2010 erfolgte die Erklärung der Erbausschlagung der Beteiligten zu 1. und die Anfechtung der Ausschlagungsfrist. Zur Begründung machte sie geltend, sie habe von den Schulden des Erblassers nichts gewusst.
Am 26.02.2010 erschienen die Beteiligten zu 2. und zu 3. bei dem Amtsgericht Stralsund und erklärten zu Protokoll, es treffe nicht zu, dass die Beteiligte zu 1. erst durch die Schuldnerberaterin der Beteiligten zu 2. von dem tatsächlichen Nachlassbestand erfahren habe. Sie habe gewusst, dass Schulden bestanden haben.
Mit Schriftsatz vom 11.03.2010 hat die Beteiligte zu 1. beantragt, den gemeinschaftlichen Erbschein vom 11.01.2010 einzuziehen bzw. für kraftlos zu erklären und ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
Mit Beschluss vom 17.05.2010 hat das Amtsgericht Stralsund, Nachlassgericht, festgestellt, dass die Erbausschlagung der Antragstellerin nicht fristgemäß erfolgt und somit unwirksam ist. Die Einziehung des am 11.01.2010 erteilten Erbscheins hat es abgelehnt. Wegen der Begründung der angefochtenen Entscheidung im Einzelnen wird auf diese Bezug genommen.
Mit ihrer Beschwerde vom 02.06.2010 begehrt die Antragstellerin weiterhin die Einziehung des gemeinschaftlichen Erbscheins vom 11.01.2010 bzw. dessen Kraftloserklärung sowie ihr Prozesskostenhilfe für das Antrags- und das Beschwerdeverfahren zu bewilligen.
Es treffe zwar zu, dass sie die Erbausschlagung nicht fristgerecht erklärt habe. Jedoch habe sie die Versäumung der Ausschlagungsfrist und die Erbschaftsannahme durch Niederschrift beim Nachlassgericht Löbau zum Aktenzeichen 01 VI 0102/10 UR I 29/10 am 08.02.2010 angefochten und das Erbe zugleich ausgeschlagen. Sie hält Anfechtungsgründe weiterhin für gegeben.
Der Beschwerdeführerin sei weder der Lauf der Ausschlagungsfrist noch die Möglichkeit der Ausschlagung bekannt gewesen. Sie sei hierüber auch nicht durch das Nachlassgericht belehrt worden. Der von ihrer Mutter ohne ihre Kenntnis beantragte gemeinschaftliche Erbschein sei ihr erst am 26.01.2010 durch die Schuldnerberaterin der Mutter übermittelt worden. Sie habe geglaubt solange nichts unternehmen zu müssen, bis sie eine Nachricht vom Nachlassgericht erhielte. Hierauf sei das Nachlassgericht in dem angefochtenen Beschluss überhaupt nicht eingegangen.
Bis zur Mitteilung der Schuldnerberaterin vom 04.02.2010 habe sie auch einem Irrtum über verkehrswesentliche Eigenschaften des Nachlasses unterlegen. Sie sei erst mit Schreiben der Schuldnerberaterin ihrer Mutter, der Beteiligten zu 2., vom 04.02.2010 über den tatsächlichen Bestand des Nachlasses informiert worden. Hieraus habe sich ergeben, dass der Nachlass mit 16.000,00 € überschuldet ist, was ihr bis dahin nicht bekannt gewesen sei. Sie habe auch keinen Anlass gehabt, anzunehmen, dass der Erblasser Schulden hinterlassen habe. Noch zwei Jahre zuvor habe ihr die Mutter erklärt, dass beide schuldenfrei seien.
Ihr Bruder, der Beteiligte zu 3., habe ihr noch am 30.01.2010 telefonisch mitgeteilt, dass sie ca. 10.000,00 € erben könne. Die Antragstellerin habe den konkreten Schuldenstand entgegen der Ansicht des Amtsgerichtes nicht bei ihrer Mutter erfragen können, weil diese bis zur Mitteilung durch ihre Schuldnerberaterin von einem positiven Nachlass von ca. 65.000,00 € ausgegangen sei und von der Überschuldung nichts gewusst habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Gemäß § 2361 BGB ist ein Erbschein einzuziehen oder für kraftlos zu erklären, wenn dieser unrichtig ist. Ohne Belang ist, ob die Umstände, aus denen sich die Unrichtigkeit des Erbscheins ergibt, bereits bei dessen Erteilung vorgelegen haben oder späterhin entstanden sind. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
1. Die Beteiligte zu 1. hat die Erbschaft nicht innerhalb der Ausschlagungsfrist des § 1944 Abs. 1 BGB ausgeschlagen. Die Ausschlagungsfrist beträgt gemäß § 1944 Abs. 1 BGB sechs Wochen. Sie beginnt gemäß § 1944 Abs. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, zu dem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung Kenntnis erlangt. Kenntnis setzt dabei ein zuverlässiges Erfahren der maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände voraus, aufgrund dessen von ihm erwartet werden kann, dass er...