Leitsatz (amtlich)
Das Land haftet nicht wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht, wenn bei Mäharbeiten des zum Straßenkörper gehörenden Grünstreifens durch das Hochschleudern von Steinen unter Benutzung einer tragbaren Motorsense eine Beschädigung vorbeifahrender Fahrzeuge eintritt.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 09.11.2007; Aktenzeichen 4 O 126/07) |
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des LG Stralsund vom 9.11.2007 - Az.: 4 O 126/07 - geändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird für die Berufungsinstanz auf 765,35 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von dem beklagten Land Schadensersatz i.H.v. 765,35 EUR nebst Zinsen sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Ursprünglich wurde auch die Haftpflichtversicherung des beklagten Landes verklagt, die Klage aber bereits in erster Instanz insoweit zurückgenommen.
Der Kläger befuhr am 25.10.2006 die L 265 von Bansin nach Neppermin mit seinem Pkw. An der Straße wurden Mäharbeiten an den Leit- bzw. Schutzplanken mit einem Handmähgerät (tragbare Motorsense) ausgeführt; auf diese Arbeiten wurde mit einem Warnschild (Baustelle) hingewiesen.
Der Kläger hat behauptet, bei den Arbeiten sei ein Stein auf die Windschutzscheibe seines Fahrzeuges geschleudert worden und habe diese zerstört.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt zu haben. In diesem Zusammenhang hat sie behauptet, dass die Mähgeräte über eine Abdeckung der Mähsichel verfügten und die zu mähenden Bereiche vor Beginn der Arbeiten von gröberen Fremdkörpern gereinigt worden seien.
Das LG hat der Klage nach Durchführung einer Beweisaufnahme stattgegeben. Es ist davon ausgegangen, dass eine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt worden sei, weil anderenfalls der Schaden von der Beklagten nicht an ihre Betriebshaftpflichtversicherung, sondern an den Kommunalen Schadensausgleich weitergeleitet worden wäre. Der Anspruch beruhe vielmehr auf einem Schadensfall infolge einer stets gegebenen Gefährdung und Schadensmöglichkeit im Zusammenhang mit der gefahrträchtigen Arbeit des Mähens. Dem beklagten Land sei bewusst gewesen, dass es auch bei größter Sorgfalt mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit zu Steinschlägen an vorbeifahrenden Fahrzeugen kommen könne; deshalb habe es auch die Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen.
Es könne dahinstehen, ob weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Steinschlägen möglich gewesen seien. Der konstruktive Schutz des Mähgerätes ermögliche nur den Schutz des Bedienenden, nicht aber von Sachen und Personen, die sich in Arbeitsrichtung des Gerätes befänden. Das Land hätte Maßnahmen veranlassen müssen, die es verhinderten, dass Steine überhaupt auf die Straße geschleudert werden könnten. Dabei könne das halbseitige Absperren dies wohl nicht verhindern; ob Fangkörbe oder andere Abgrenzungen aufzustellen seien, könne aber ebenso dahinstehen wie die Frage, ob das Land die Mitarbeiter mit der gehörigen Sorgfalt ausgesucht habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.
Gegen dieses Urteil wendet sich das beklagte Land mit seiner Berufung, die form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden ist.
Es wendet ein, das LG habe nicht begründet, ob und weshalb es davon ausgehe, dass der Steinschlag durch die Mäharbeiten verursacht worden sei, sondern hierfür die grundsätzliche Gefährlichkeit solcher Tätigkeiten ausreichen lassen. Die Frage, ob mit der Beschilderung auf eine mögliche Gefahr ausreichend hingewiesen worden sei, sei nicht erörtert worden. Auch habe das LG nicht gewürdigt, dass die Mitarbeiter des beklagten Landes die zu mähenden Bereiche sorgfältig gereinigt hätten und das Mähgerät über eine Abdeckung des Mähfadens mit einem Schlagschutz verfüge, was zwischen den Parteien unstreitig gewesen sei. Die Mäharbeiten seien durch ausgebildete Straßenwärter, die im Umgang mit den Geräten geschult gewesen seien, ausgeführt worden. Eine Durchführung der Arbeiten mit dem Rücken zur Straße sei nicht möglich gewesen, da dies mit einer erheblichen Gefährdung der Arbeitnehmer verbunden gewesen wäre; sie mussten sich daher hinter die Leitplanke in Blickrichtung zur Straße stellen.
Das LG habe vielmehr fehlerhaft vom Bestehen einer Versicherung auf eine Verkehrssicherungspflichtverletzung geschlossen; die Feststellung einer Pflichtverletzung selbst lasse sich dem Urteil nicht entnehmen; auch habe das Gericht verkannt, dass mit den Mäharbeiten hoheitliche Tätigkeiten durchgeführt worden seien. Das LG habe auch nicht erkannt, dass weitergehende Schutzmaßnahmen zu den unstreitig vorhandenen Maßnahmen - wie Fangkörbe, Planen oder andere Abgrenzungen - weder praktisch durchführbar noch wirtschaftlich zumutbar seien. Derartige Vorrichtungen müssten auf der Fahrbahn aufgestellt werden und würden den Verkehr...