Entscheidungsstichwort (Thema)
Umschreibung eines falschen ukrainischen Führerscheins in einen ungarischen Führerschein und dessen Gültigkeit im Bundesgebiet
Normenkette
StGB §§ 53, 69a, 69, 267 Abs. 1; StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Entscheidung vom 12.07.2011; Aktenzeichen 39 Ns 73 Js 46008/10) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 12. Juli 2011 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet
v e r w o r f e n ,
mit der Maßgabe, dass die Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung berichtigt und wie folgt neu gefasst wird:
Auf die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Böblingen vom 08. Februar 2011 wie folgt abgeändert:
Der Angeklagte wird wegen Urkundenfälschung sowie vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Gesamtgeldstrafe von 55 Tagessätzen zu je € 10,-- Euro verurteilt.
Dem Angeklagten wird die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen entzogen. Sein Führerschein (CI300880) wird eingezogen. Vor Ablauf von sechs Monaten darf ihm keine (neue) Fahrerlaubnis erteilt werden.
Im Übrigen wird die Berufung des Angeklagten verworfen.
In der Liste der angewandten Vorschriften wird die in Ziffer 1. angeführte Vorschrift durch § 267 Abs. 1 StGB ersetzt.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufungsgebühr wird um ¼ gemindert.
Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
I. Mit Urteil vom 08. Februar 2011 hat das Amtsgericht - Strafrichter - Böblingen den Angeklagten wegen Verschaffens von falschen amtlichen Ausweisen sowie vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu der Gesamtstrafe von 90 Tagessätzen zu je € 15,-- verurteilt; der Verwaltungsbehörde wurde "(...) verboten, dem Angeklagten vor Ablauf von 6 Monaten eine Fahrerlaubnis zu erteilen". Auf die hiergegen von dem Angeklagten und der Staatsanwaltschaft eingelegten Berufungen hat das Landgericht Stuttgart am 12. Juli 2011 die bezeichnete Entscheidung des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und eine "Gesamtgeldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 10,-- Euro" festgesetzt. Überdies wurde Folgendes angeordnet:
"Die ungarische Fahrerlaubnis wird entzogen. Der ungarische Führerschein CI300880 wird eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wird angewiesen, dem Angeklagten nicht vor Ablauf von noch 4 Monaten eine Fahrerlaubnis zu erteilen."
Gegen diese Verurteilung richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der die Verletzung sachlichen Rechts gerügt wird.
II. Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
1. Die aufgrund der erhobenen Sachrüge veranlasste Überprüfung des angefochtenen Urteils hat ergeben, dass sich der Angeklagte (u. a.) wegen Urkundenfälschung schuldig gemacht hat.
a. Nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen des Landgerichts betreffend die Vorgänge in Ungarn hat der Beschwerdeführer durch Vorlage eines "(...) total gefälschten ukrainischen Führerscheins (...)" bei "(...) der ungarischen Führerscheinstelle (...)" zum Zwecke der Umschreibung der angeblich bestehenden "ukrainischen Fahrerlaubnis" und anschließender Entgegennahme eines "echten ungarischen" Führerscheins von einer unechten Urkunde zur Täuschung im Rechtsverkehr Gebrauch gemacht (§ 267 Abs. 1 StGB). Der genannte Straftatbestand schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des amtlichen Rechtsverkehrs im Allgemeinen. Als Urkunden im Sinne von § 267 StGB sind auch verkörperte Gedankenerklärungen mit Beweisfunktion ausländischen Ursprungs anzusehen (LK-Zieschang, StGB, 12. Aufl., § 267 Rdnr. 1); erfasst werden mithin auch Führerscheine, die - wie hier - von einer Behörde außerhalb des Bundesgebiets erteilt worden sind.
b. Die im Ausland (Ungarn) begangene Tat wird vom deutschen Strafrecht erfasst. Dieses erstreckt sich nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB auch auf Taten, die im Ausland begangen werden, wenn die Tat am Tatort mit Strafe bedroht ist und der Täter zur Zeit der Tat Deutscher war oder es nach der Tat geworden ist.
Der Angeklagte besitzt ausweislich der Angaben im Rubrum des angefochtenen Urteils die deutsche Staatsangehörigkeit. Auch eine Tatortstrafbarkeit ist vor-liegend gegeben. Zwar wird dies durch Feststellungen des Landgerichts nicht belegt. Die Geltung und Anwendbarkeit deutschen Strafrechts ist jedoch eine Verfahrens-/Prozessvoraussetzung, deren Vorliegen das Revisionsgericht selbstständig und aufgrund eigener Sachuntersuchung unter Benutzung aller verfügbaren Erkenntnisquellen im Freibeweisverfahren klären kann (vgl. LK-Werle/Jeßberger, aaO. Vor § 3 Rdnr. 10; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 337 Rdnr. 6; Graf/Wiedner, StPO, § 337 Rdnr. 26). Hiernach gilt Folgendes: Die in Rede stehende Tat war/ist auch am Tatort, d. h. in Ungarn strafbewehrt. Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Angeklagten im Schriftsatz seines Verteidigers vom 12. Mai 2011 und dem dort beigefügten Rechtsgutachten der "Andrássy Universität Budapest" vom 25. November 2010 nebst zugehörigem Anhang. Dort heißt es nach dem Hinweis "Die relevanten Rechtsnormen ...