Leitsatz (amtlich)
In zweitinstanzlichen Familienstreitsachen fällt die Terminsgebühr gem. Anm. I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG auch dann an, wenn durch Anerkenntnisbeschluss ohne mündliche Verhandlung entschieden wurde.
Normenkette
RVG-VV Nr. 3104; ZPO § 307
Verfahrensgang
AG Schwäbisch Hall (Beschluss vom 10.01.2017; Aktenzeichen 3 F 159/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG Schwäbisch Hall - Familiengericht - vom 10.01.2017 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die den Rechtsanwälten aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung für das Beschwerdeverfahren wird auf 978,78 EUR festgesetzt.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin hatte sich in einem vor dem Familiensenat geführten Beschwerdeverfahren gegen die Verpflichtung zur Zahlung von Kindesunterhalt zur Wehr gesetzt. Nach Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens hat der Vorsitzende Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und der Senat in einem späteren Beschluss dem Antragsteller empfohlen, den Beschwerdeantrag der Antragsgegnerin anzuerkennen. Auf das daraufhin erklärte Anerkenntnis des Antragsgegners hat der Senat der Berufung durch Anerkenntnisbeschluss stattgegeben und der Vorsitzende den Termin aufgehoben.
Für das Beschwerdeverfahren war der Antragsgegnerin unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten, des Beschwerdeführers, Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden.
Mit Beschluss vom 10.01.2017 hat das AG Schwäbisch Hall die den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin aus der Staatskasse zu zahlende Verfahrenskostenhilfevergütung für das Beschwerdeverfahren unter Ansatz einer 1,3 Verfahrensgebühr zuzüglich Pauschale gem. Nr. 7002 und 19 % Umsatzsteuer auf 551,21 EUR festgesetzt. Die beantragte Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG wurde abgesetzt, die von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin hiergegen eingelegte Erinnerung wurde durch Beschluss der Richterin des AG Schwäbisch Hall vom 09.03.2017 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die am 17.03.2017 bei dem AG eingegangene Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, der das AG mit Beschluss vom 13.04.2017 nicht abgeholfen hat.
II. Die gemäß § 56 RVG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die von den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin geltend gemachte Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG ist angefallen. Sie setzt gem. Anm. I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG neben der - hier gegebenen - Anerkenntnisentscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 307 ZPO ein Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, voraus. In zweitinstanzlichen Familienstreitsachen ist hierfür § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG maßgeblich, wonach das Beschwerdegericht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen kann, wenn diese bereits im ersten Rechtszug stattgefunden hat und von einer erneuten Durchführung keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Hieraus wird der Schluss gezogen, dass eine Terminsgebühr gem. Anm. I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG nicht anfalle, da die Durchführung der mündlichen Verhandlung im pflichtgemäßen Ermessen des Beschwerdegerichts stehe (OLG Celle FF 2013, 168; Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl., VV 3104, Rn. 23 unter Hinweis auf eine Entscheidung des Kammergerichts in FamRZ 2012, 812, bei der die Terminsgebühr gem. Anm. I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG aber schon deswegen nicht anzusetzen war, weil weder im Einverständnis mit den Parteien noch auf Grundlage von § 307 ZPO oder § 495a ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wurde).
Dieser Auffassung vermag das Beschwerdegericht nicht zu folgen. § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG verweist für das Beschwerdeverfahren auf die Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Für dieses gilt in Familienstreitsachen gem. § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG die Vorschrift des § 128 Abs. 1 ZPO, wonach eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (Weber in Keidel, FamFG, 19. Aufl., § 113, Rn. 8); obwohl die Entscheidung in Beschlussform ergeht, kommt § 128 Abs. 4 ZPO nicht zur Anwendung (OLG Hamm AGS 2012, 16 mit zust. Anm. Norbert Schneider; Helms in Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl., § 113, Rn. 14). Auch wenn § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von dem Grundsatz der obligatorischen mündlichen Verhandlung für das Beschwerdeverfahren in das Ermessen des Beschwerdegerichts gestellte Ausnahmen zulässt, handelt es sich bei dem Beschwerdeverfahren in Familienstreitsachen dennoch um ein Verfahren mit vorgeschriebener mündlicher Verhandlung im Sinne von Anm. I Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG (so auch Norbert Schneider FF 2013, 152 f.).
Der zugunsten der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin festgesetzten Verfahrenskostenhilfevergütung in Höhe von 551,21 EUR war mithin noch eine 1,2 Terminsgebühr gem. Nr. 3104 VV RVG i.V.m. § 49 RVG aus einem Gegenstandswert von 10.688 EUR, mithin ein Betrag in Höhe von 385,20 ...