Leitsatz (amtlich)
Weist das LG als Beschwerdegericht ein gegen die Richter der Beschwerdekammer gerichtetes Ablehnungsgesuch zurück, ist nach neuem Verfahrensrecht dagegen nicht mehr die sofortige Beschwerde eröffnet, sondern nur die Rechtsbeschwerde nach § 574 ZPO n.F., falls sie vom LG zugelassen wurde (Anschluss an BayObLGZ 2002, 89).
Normenkette
ZPO §§ 46, 567 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Rottweil (Aktenzeichen 1 T 139/02) |
AG Spaichingen (Aktenzeichen M 620/02) |
Gründe
1. Der Vollstreckungsschuldner, der sich gegen eine Sachenentscheidung des Rechtspflegers des AG mit der sofortigen Beschwerde gewandt hat, hat unmittelbar nach Vorlage der Sache an das LG die (namentlich benannten) Richter der Beschwerdekammer wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil sie bereits in einem vorangegangenen Verfahren zu seinen Ungunsten entschieden haben. Das LG hat die gegen seine das Ablehnungsgesuch zurückweisende Entscheidung eingelegte „sofortige Beschwerde” des Schuldners ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die – rechtzeitig eingelegte – sofortige Beschwerde des Schuldners gegen die vom LG im Zwischenverfahren über die Richterablehnung getroffene Entscheidung ist nach neuem, ab Anfang 2002 geltendem Zivilprozessrecht – in Abweichung zu früherem Recht – nicht (mehr) statthaft. Die funktionale Zuständigkeit des OLG ist – wie auch bei Zwangsvollstreckungsverfahren in der Hauptsache als Gericht der weiteren Beschwerde – entfallen. Deshalb war die Sache ohne Kostenentscheidung zum Nachteil des Beschwerdeführers an das LG zurückzugeben.
a) Da das gesamte Vollstreckungsschutzverfahren nach dem 1.1.2002 eingeleitet worden ist, kommt ausschließlich neues Verfahrensrecht zur Anwendung (vgl. auch § 26 Nr. 10 EGZPO).
b) Zwar lässt § 46 Abs. 2 ZPO eine sofortige Beschwerde gegen eine einen Ablehnungsantrag zurückweisende Entscheidung ausdrücklich zu. Dies genügt jedoch nicht für die Bejahung der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde. Die weiteren gesetzlichen Voraussetzungen des § 567 Abs. 1 ZPO n.F. müssen zusätzlich erfüllt sein.
Danach findet das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nur statt „gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der AG und LG”. Hier hat jedoch das LG im zweiten Rechtszug entschieden, nämlich in einem Beschwerdeverfahren gegen eine amtsgerichtliche Vollstreckungsentscheidung. Entscheidungen des LG im (Berufungs- oder) Beschwerdeverfahren sind danach nicht mehr mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.
Die im früheren Verfahrensrecht in § 567 Abs. 3 S. 2 ZPO a.F. ausdrücklich vorgesehene Ausnahmebestimmung für den Fall des § 46 ZPO ist durch die Reform beseitigt worden. Dass das LG erstmals über einen Befangenheitsantrag zu entscheiden hatte, ändert daran nichts. Die Beseitigung von zusätzlichen Rechtsmittelmöglichkeiten gegen Zwischenentscheidungen hat der Reformgesetzgeber zur Beschleunigung und Vereinfachung der gerichtlichen Verfahren absichtlich vorgenommen. Ergänzend wird auf den eingehend begründeten Beschluss des 3. Zivilsenats des BayObLG vom 21.3.2002 (BayObLGZ 2002, 89 = NJW 2002, 3262 = FGPrax 2002, 119), dem sich der Senat uneingeschränkt anschließt, Bezug genommen.
Im Ergebnis entspricht dies der Rechtslage, wie sie vor der Reform schon in familiengerichtlichen Verfahren für die Ablehnung von Richtern des OLG bestand (vgl. BGH v. 3.2.1993 – XII ZB 9/93, NJW-RR 1993,644 = FamRZ 1993, 1309). Verfassungsrechtliche Bedenken sieht der Senat im Anschluss an BGH und BayObLG nicht.
c) Nach neuem Prozessrecht ist gegen Entscheidungen des LG als zweitinstanzliches Gericht nur die Rechtsbeschwerde zum BGH nach § 574 ZPO n.F. eröffnet, die (im ZPO-Verfahren) durch einen am BGH zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden muss. Diese setzt – da sie in § 46 ZPO nicht generell zugelassen ist – eine ausdrückliche Zulassung durch das Beschwerdegericht voraus. Eine solche Zulassung ist nicht erfolgt und kann auch nicht nachgeholt werden, zumal die dafür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind; eine Nicht-Zulassungsbeschwerde ist gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. BayObLG BayObLGZ 2002, 89 = NJW 2002, 3262 = FGPrax 2002, 119). Auch im Rahmen dieser Entscheidung kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht.
d) Seit der Rechtsänderung ist das LG grundsätzlich gehalten, eine Prüfung der Einwendungen gegen die angegriffene Befangenheitsentscheidung als Gegenvorstellung (im Sinne einer Selbstkontrolle der Fachgerichte auf schwerwiegende Rechtsfehler) durchzuführen. …
Fundstellen
Haufe-Index 1109962 |
NJW 2003, 1880 |
NJW-RR 2003, 494 |
OLGR-KS 2003, 197 |
www.judicialis.de 2002 |