Leitsatz (amtlich)

Der Zeit- und Kostenaufwand, den der vorgesehene Betreuer 3 Tage vor seiner Bestellung zum Betreuer geleistet hat, ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht vergütungsfähig. Dass der Betreuungsrichter einen Auftrag zu dieser Tätigkeit - "Vorführung" des Betroffenen beim VormG - erteilt hat, rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 24.11.2003; Aktenzeichen 19 T 444/03)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 24.11.2003 aufgehoben und der Beschluss des Notariats II - VormG - Böblingen dahin abgeändert, dass die aus der Staatskasse an die Verfahrenspflegerin zu zahlende Vergütung auf 982,36 Euro festgesetzt wird.

 

Gründe

I. Für den mittellosen Betroffenen, der hochgradig alkoholkrank in einem Obdachlosenheim lebte, war im Herbst 2002 die Anordnung einer umfassenden Betreuung mit dem Ziel einer anderweitigen Unterbringung dringend erforderlich geworden. Nachdem der Notar zweimal vergeblich versucht hatte, den Betroffenen in seiner Unterkunft anzutreffen, und nachdem er mit der Betreuungsbehörde die Person des zu bestellenden Berufsbetreuers abgeklärt hatte, hat er die vorgesehene Betreuerin beauftragt, den Betroffenen am 22.10.2002 in seiner Unterkunft abzuholen und zum Anhörungstermin beim VormG mitzubringen. Die auswärts wohnende Beteiligte zu 2) ist zum vorgegebenen Termin angereist, hat aber den Betroffenen in seiner Unterkunft nicht angetroffen, so dass sie nach entsprechender Unterrichtung des Notars unverrichteter Dinge heimgekehrt ist. Bei einem nochmaligen Versuch am 25.10.2002 hat die Beteiligte zu 2) den Betroffenen veranlassen können, mit ihr das Notariat aufzusuchen; dort ist sie am gleichen Tag nach persönlicher Anhörung im Einverständnis mit dem Betroffenen zu dessen Betreuerin bestellt worden.

Im Dezember 2002 hat die Betreuerin ihre bis dahin erbrachte Tätigkeit mit 1.041,80 Euro der Staatskasse in Rechnung gestellt. Darin ist als erste Position ihre Tätigkeit am 22.10.2002 i.H.v. insgesamt 59,44 Euro (einschließlich Mehrwertsteuer) enthalten. Der Bezirksrevisor hat die Vergütungsfähigkeit dieser Position unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats und des LG Stuttgart als nicht vergütungsfähig angesehen, weil diese Tätigkeit vor Betreuerbestellung erbracht wurde. Der Notar ist den Bedenken des Bezirksrevisors nicht gefolgt und hat durch Beschluss vom 18.2.2003 dem Antrag der Betreuerin mit näherer Begründung in voller Höhe stattgegeben.

Auf die wiederholten Einwendungen des Bezirksrevisors hat das VormG durch Beschluss vom 28.3.2003 seine Festsetzung bestätigt und wegen grundsätzlicher Bedeutung die sofortige Beschwerde zugelassen, in der Folge jedoch die Auszahlungsanweisung auf die unstrittige Vergütung i.H.v. 982,36 Euro begrenzt.

Die daraufhin vom Bezirksrevisor eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG durch Beschluss vom 24.11.2003 zurückgewiesen, aber gleichzeitig die sofortige weitere Beschwerde zugelassen. Der Bezirksrevisor hat alsbald sofortige weitere Beschwerde unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Begründung eingelegt.

II. Die sofortige weitere Beschwerde des Bezirksrevisors ist nach § 56g Abs. 5 S. 2 i.V.m. § 69e S. 1 FGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie hat in der Sache auch Erfolg.

1. Es ist in der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, dass rechtliche Voraussetzung sowohl einer Betreuervergütung als auch einer Aufwandsentschädigung aus der Staatskasse gem. §§ 1835 ff. i.V.m. § 1908i BGB die Bestellung zum Betreuer ist und dass die Zeit, die ein vorgesehener Betreuer vor seiner Bestellung aufwendet, mangels gesetzlicher Grundlage nicht vergütungsfähig ist (OLG Schleswig vom 20.5.1998 - 2 W 55/98, OLGReport Schleswig 1998, 317 = MDR 1998, 972 = FamRZ 1998, 1536 = Rpfleger 1998, 470; BayObLG v. 17.1.2001 - 3Z BR 393/00, BayObLGZ 2001, 9 = BayObLGReport 2001, 60 = FamRZ 2001, 575 = BtPrax 2001, 123 = JurBüro 2001, 267; Palandt/Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1835 Rz. 1, § 1836 Rz. 9; Soergel/Zimmermann, BGB 13. Aufl., § 1836a Rz. 23; Erman/Holzhauer, BGB, 11. Aufl., § 1896 Rz. 23).

Dieser Rechtsansicht ist der Senat bereits in der vom Bezirksrevisor herangezogenen (unveröffentlichten) Entscheidung vom 22.10.2001 (8 W 503/2001; ebenso LG Stuttgart, Beschl. v. 5.6.2001 - 2 T 431/00) beigetreten. An dieser Ansicht hält der Senat auch für den vorliegenden Fall fest.

Nur soweit der Entscheidung des Bayerischen OLG (BayObLG v. 17.1.2001 - 3Z BR 393/00, BayObLGZ 2001, 9 = BayObLGReport 2001, 60 = FamRZ 2001, 575 = BtPrax 2001, 123 = JurBüro 2001, 267) zu entnehmen ist, dem vorgesehenen Betreuer sei auch ein Anspruch auf Ersatz des Zeit- und Kostenaufwands, der ihm bei der Anfahrt zum VormG zwecks Bestellung entsteht, nach §§ 1835 ff. BGB zu versagen, vermag dem der Senat nicht zu folgen; insoweit handelt es sich um eine unumgängliche Voraussetzung jeder Betreuerbestellung, die eine "Vorwirkung" der nachfolgenden Bestellung rechtferti...

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