Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufhebung einer Volljährigenadoption aus wichtigem Grund nach dem Tod des Annehmenden. Aufhebung einer Volljährigenadoption wegen Willensmängeln
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufhebung einer Volljährigenadoption aus wichtigen Grund (§ 1771 S. 1 BGB) ist auch nach dem Tod des Annehmenden nur auf gemeinsamen Antrag des Annehmenden und des Angenommenen zulässig.
2. Die Aufhebung einer Volljährigenandoption wegen Willensmängeln (§ 1771 S. 2 BGB) ist auf einseitigen Antrag zulässig.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Normenkette
BGB § 1771
Verfahrensgang
AG Besigheim (Beschluss vom 08.01.2010; Aktenzeichen 5 F 977/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Besigheim vom 8.1.2010 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Beschwerdewert: 3.000 EUR
Gründe
I. Die Antragstellerin betreibt die Aufhebung der Adoption, die auf ihren und der verstorbenen E. Antrag (Urkundenrolle Nr. 1666/2003 Notariat Marbach am Neckar) durch das AG - Vormundschaftsgericht - Vaihingen/Enz durch Beschl. v. 13.1.2004 - XVI 8/03 - ausgesprochen worden ist. Danach hat die am 17.3.2005 verstorbene E. die Antragstellerin, geboren am 10.5.1953, mit den Wirkungen einer "schwachen" Adoption als Kind angenommen. Da die Antragstellerin bereits verheiratet war, wurde angeordnet, dass sie ihren Ehenamen als Familienname weiter behält, ebenso ihre Vornamen.
Die Antragstellerin hat die Annehmende als Alleinerbin beerbt. Sie hat die Erbschaft, die sich ihren Angaben ggü. dem Nachlassgericht zufolge auf 65.812,26 EUR bzw. 71.404,26 EUR belaufen hat, angenommen.
Die Antragstellerin hat mit Antrag vom 1.9.2009, beim Familiengericht eingegangen am 11.9.2009 die Aufhebung der der Adoption beantragt. Sie hat dies damit begründet, sie habe zufällig im Jahr 2007 "über den Kfz-Schein" erfahren, dass sie - was ihr bei der Stellung des Adoptionsantrags nicht bewusst gewesen sei - durch die Adoption ihren Geburtsnamen verloren habe und nun den Geburtsnamen "H." statt ihres leiblichen Geburtsnamens "W." trage. Dadurch fühle sie sich "in ihrer Identität beschränkt" und "entwurzelt" und befinde sie sich in einer nicht weiter hinnehmbaren "tiefgreifenden psychologischen Aufwühlung" mit "erhebliche[n] psychologischen wie auch gesundheitliche[n] Einschränkungen". Sie sei "über das tatsächliche Vorgehen getäuscht" worden, zumal "über das Beibehalten der bisherigen Namen gesprochen wurde".
Die Antragstellerin verweist weiter darauf, sie habe "bewusst in Kauf [genommen], dass wegen "eventuelle[r] in Anspruch genommene[r] steuerliche[r] Freibeträge im Wege der Erbschaft eine Nachzahlung zu erfolgen hat."
Bei ihrer Anhörung durch das Familiengericht am 3.12.2009 hat die Antragstellerin ausgeführt, zwar sei die Adoption "für sie richtig und stimmig gewesen." Doch sei ihr "Lebensabschnitt als G. W. durch die Namensänderung wie gelöscht, es solle eine G. W. nicht mehr geben." In "psychologischer Behandlung bei Herrn S. beschäftige [sie sich damit], ob sie mit der Adoption nur einem Wunsch ihrer Tante nachgekommen sei und ob es nicht besser gewesen sei, auch an ihre eigenen Interessen zu denken."
Das Familiengericht hat den Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung der Adoption durch Beschluss vom 8.1.2010, der Antragstellerin zugestellt am 14.1.2010, zurückgewiesen.
Mit ihrer am 15.2.2010 (Montag) beim Familiengericht eingegangenen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren auf Aufhebung der Adoption weiter.
Sie führt dazu aus, die gesetzliche Regelung in § 1771 S. 1 BGB, wonach die Adoption nur auf gemeinsamen Antrag des Annehmenden und des Angenommenen aufgehoben werde könne, sei wegen einer erheblichen, zu einer Ungleichbehandlung führenden Benachteiligung verfassungskonform dahin auszulegen, dass jedenfalls nach Versterben des Annehmenden der Aufhebungsantrag auch einseitig gestellt werden könne. Im Übrigen verweist sie erneut auf ihre "erhebliche psychische Belastung."
Der Senat hat die Adoptionsakte XVI 8/03 AG Vaihingen/Enz und die Nachlassakte NA 10779 Notariat Mühlacker I - Nachlassgericht - beigezogen.
II. Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.
1. Dahingestellt bleiben kann, ob entgegen dem eindeutigen Wortlaut von § 1771 S. 2 BGB eine Adoption auch auf einseitigen Antrag des Angenommenen aufgehoben werden kann. Die ganz überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur, die auch der Intention des Gesetzgebers entspricht (BT-Drucks. 7/5087, 21), lehnt dies ab, eine abweichende Mindermeinung bejaht dies bei im Übrigen vorliegenden Voraussetzungen - "wichtiger Grund" - aus § 1771 S. 2 BGB (s. dazu die Darstellung des Meinungsstands bei Staudinger/Frank, BGB, §§ 1741-1772, Adoption, Bearbeitung 2010, § 1771 Rz. 11).
Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung (BGHZ 103, 12 = NJW 1988, 1139 = FamRZ 1988, 390, 391) hält am Erfordernis eines gemeinsamen Antrags fest. Ihr folgt der Senat auch deshalb, weil der Wortlaut der ges...