Entscheidungsstichwort (Thema)
Einziehung von Erbschein und Testamentsvollstreckerzeugnis und Entlassung des Testamentsvollstreckers
Leitsatz (amtlich)
Ernennt das Nachlaßgericht auf Ersuchen des Erblassers den Notar zum Testamentsvollstrecker, der die letztwillige Verfügung beurkundet hat, so ist dies auch dann wirksam, wenn der Notar den Wunsch des Erblassers, nach Möglichkeit ihn zu berufen, mitbeurkundet hat.
Normenkette
BGB § 2200; BeurkG §§ 7, 27
Verfahrensgang
LG Ulm (Beschluss vom 02.11.1988; Aktenzeichen 4 T 50/88-01) |
Tenor
1. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Ulm/Donau vom 02.11.1988 wird
zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben dem Beteiligten zu 5 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
3. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen die Festsetzung des Beschwerdewerts durch das Landgericht wird
verworfen.
4. Der Wert der Erstbeschwerden und der weiteren Beschwerden wird auf insgesamt je 235.000,00 DM festgesetzt, ebenso der Wert der Beschwerden der Beteiligten zu 1, der Wert der Beschwerden der Beteiligten zu 2 auf je 50.000,00 DM.
Tatbestand
I.
Mit Beschluß vom 28.02.1986 hat das Nachlaßgericht einen Erbschein erteilt, wonach Vorerben der Erblasserin je zur Hälfte ihre Enkelinnen, die Beteiligten zu 2 und 4, geworden sind. Ferner hat es mit Beschluß vom selben Tag auf Ersuchen der Erblasserin den Beteiligten zu 5 zum Testamentsvollstrecker ernannt.
Die Anträge der Beteiligten zu 1 auf Einziehung des am 04.03.1986 ausgefertigten Erbscheins und Aufhebung der Testamentsvollstreckerbestellung vom 28.02.1986, sowie ihr Hilfsantrag auf Entlassung des Testamentsvollstreckers wurden vom Nachlaßgericht mit Beschluß vom 02.09.1988 zurückgewiesen.
Die gegen diesen Beschluß von den Beteiligten zu 1 und 2 eingelegte Beschwerde hat das Landgericht mit Beschluß vom 02.11.1988 ebenfalls zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 1 und 2 weitere Beschwerde eingelegt. Diese ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg (§§ 27, 29 FGG, 550 ff ZPO).
1.
Die Einziehung des Erbscheins wurde im Ergebnis zu Recht abgelehnt (§ 2361 BGB).
Die Erstbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 war zulässig. Obwohl das im Erbschein ausgewiesene Erbrecht der Beteiligten zu 2 in Zweifel gezogen wurde, stand auch dieser ein Beschwerderecht zu (BGHZ 30, 261, 263). Die Beschwerde erweist sich jedoch als nicht begründet.
Allerdings bestehen Bedenken gegen die Würdigung der in Frage stehenden letztwilligen Verfügungen der Erblasserin und ihres vorverstorbenen Ehemannes durch das Landgericht.
Dieses hat zunächst angenommen, daß deren gemeinschaftliches Testament vom 20.09.1944 durch das gemeinschaftliche Testament vom 04.12.1958 stillschweigend aufgehoben worden sei. Nach seiner Auffassung sind die Voraussetzungen gegeben, wenn beide letztwilligen Verfügungen sachlich untereinander unvereinbar sind und wenn der Erblasser mit dem späteren Testament die Erbfolge abschließend neu festlegen wollte. So lägen die Voraussetzungen hier.
Dem kann nicht gefolgt werden, soweit es um die Unvereinbarkeit der Verfügungen geht. Denn nur das Testament von 1944 enthält eine Schlußerbeneinsetzung auf den Tod des überlebenden Ehegatten. Das Landgericht hat aber auch verkannt, daß die von ihm genannten Voraussetzungen nicht beide vorliegen müssen, daß vielmehr die Unwirksamkeit des früheren Testaments nach § 2258 Abs. 1 BGB trotz sachlicher Vereinbarkeit letztwilliger Verfügungen eintritt, wenn nach der Absicht der Erblasser die spätere Verfügung eine ausschließliche und alleinige Geltung haben sollte (BGH LM Nr. 1 zu § 2258 BGB).
Das Landgericht hat nun zwar auf das Nachlaßgericht Bezug genommen, das davon ausgegangen ist, daß es sich bei dem Testament von 1958 um eine solche ausschließliche Regelung handle. Es hätte sich jedoch nicht mit einer solchen Bezugnahme begnügen dürfen, da das Nachlaßgericht diese Auslegung nicht näher begründet hat.
Auch für die Annahme des Landgerichts, daß das Testament von 1944 nicht wechselbezüglich gewesen sei, fehlt eine schlüssige Begründung. Die Vermutung des § 2270 BGB spricht für Wechselbezüglichkeit. Sie wird nicht dadurch ausgeräumt, daß dieses Testament nach den Erklärungen der Witwe aufgehoben ist; das hat mit der Wechselbezüglichkeit nichts zu tun. Zur Frage der Aufhebung ist dem Landgericht zwar zuzugeben, daß bei Auslegung letztwilliger Verfügungen auch spätere Erklärungen der Erblasser herangezogen werden können, wenn sie Rückschlüsse auf den Willen zur Zeit der Testamentserrichtung erlauben. Das Landgericht hätte sich aber damit auseinandersetzen müssen, daß bei der Wertung einer Erklärung größte Zurückhaltung geboten ist, durch die sich ein überlebender Ehegatte im Ergebnis das Fehlen der Bindung an ein gemeinschaftliches Testament bestätigt. Es hätte sich auch dazu äußern müssen, daß die Aufhebung eines Testaments des Mannes aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg nur aufgrund ganz gewichtiger Anhalt...