Leitsatz (amtlich)
1. Waren die Eheleute während der Ehe Gesellschafter einer Zwei-Personen-GbR (Außengesellschaft) und lebten sie im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, so ist bei einer vereinbarten freien Entnahme im Zweifel davon auszugehen, dass die Eheleute eine konkludente Vereinbarung getroffen haben, wonach es nach dem Ende der Gesellschaft bei der bis dahin erfolgten Entnahmepraxis verbleibt und kein Ausgleich entsprechend einer hälftigen Gewinnbeteiligung erfolgt.
2. Dies gilt jedoch nur für die Zeit bis zur Trennung der Eheleute. Ab der Trennung besteht kein Anlass mehr für die Vermutung einer abweichenden Vereinbarung über die Gewinnverteilung. Vielmehr ist ab diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die Grundregel der hälftigen Beteiligung am Gewinn/Verlust gem. § 722 Abs. 1 BGB einschlägig ist. Soweit ein Ehegatte/Gesellschafter nach der Trennung mehr entnommen hat, als seinem Gewinnanteil entsprach, hat ein Ausgleich zu erfolgen.
Tenor
1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen vom 21.9.2021 wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 502.645 EUR
Gründe
I Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner im Rahmen der Auseinandersetzung einer BGB-Außengesellschaft einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend.
Die Beteiligten schlossen am 12.7.2002 die Ehe. Sie leben seit dem 9.9.2016 getrennt. Der Scheidungsantrag wurde am 16.8.2017 zugestellt, das Scheidungsverfahren ist beim AG Esslingen unter dem Az. 4 F 748/17 rechtshängig. Im Scheidungsverbund streiten die Beteiligten insbesondere um Zugewinnausgleich.
Von 2008 bis Anfang 2017 führten die Beteiligten gemeinsam eine Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei in W... in Form einer BGB-Gesellschaft. Diese Kanzlei (im Folgenden: BGB-Gesellschaft) hatten sie am 13.7.2007 zum Kaufpreis von 600.000 EUR erworben, von dem 560.000 EUR auf den Erwerb des Mandantenstammes und 40.000 EUR auf den Erwerb der Betriebs- und Geschäftsausstattung entfielen (Anlage K 2). Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag existierte nicht. Jedoch hatten die Beteiligten mündlich vereinbart, dass die Einnahmen aus der BGB-Gesellschaft verwendet würden, um das für den Erwerb der Kanzlei aufgenommene Darlehen zurückzuführen, den Alltag und die Ausbildung der Kinder zu finanzieren und Rücklagen für das Alter zu bilden (GA 885r, 886).
Daneben war der Antragsgegner Inhaber einer Steuerberaterkanzlei in S..., die er seit dem 1.7.2005 als Einzelkanzlei führte. Den Kaufpreis für die Einzelkanzlei von rund 320.000 EUR hatte er durch ein Bankdarlehen finanziert, das im April 2021 noch in Höhe von rund 108.000 EUR valutierte. Die Einzelkanzlei des Antragsgegners stellte der BGB-Gesellschaft das Datenverarbeitungsprogramm DATEV jedenfalls 2014 entgeltlich zur Verfügung und erstellte entsprechende Rechnungen.
Während des ehelichen Zusammenlebens erstellten die Beteiligten nach dem Abschluss eines jeden Kalenderjahres jeweils einvernehmlich eine Einnahmen-Überschussrechnung, die sie beim Finanzamt einreichten. Die Gewinne wurden hälftig versteuert.
Die BGB-Gesellschaft verfügte über ein Konto bei der A-Bank, über ein Konto bei der B-Bank und über ein Tagesgeldkonto. Von diesen Konten erfolgten Überweisungen auf ein Gemeinschaftskonto der Beteiligten bei der C-Bank, das jedenfalls dazu diente, Steuerverbindlichkeiten zu begleichen. Weitere Überweisungen erfolgten zunächst auf Konten der Beteiligten bei der D-Bank und sodann auf Konten bei der E-Bank; insofern handelte es sich um Geldanlagekonten, die dazu dienten, mit überschüssigen Geldern Zinsen zu erzielen und Rücklagen zu bilden. Ein weiteres Konto der Antragstellerin bei der F-Bank diente der Finanzierung der alltäglichen Ausgaben. Während der überwiegenden Zeit des ehelichen Zusammenlebens wurden monatlich 1.400 EUR vom Konto der BGB-Gesellschaft auf dieses Konto der Antragstellerin bei der F-Bank überwiesen und in der Buchhaltung als Entnahmen der Antragstellerin gebucht.
Zudem wurden Beträge auf ein auf den Namen des Antragsgegners lautendes Konto bei der G-Bank überwiesen. Dieses Konto diente insbesondere der Zahlung von Zins- und Tilgungsraten auf die zur Finanzierung der Gemeinschaftskanzlei und der gemeinsamen Wohnimmobilie aufgenommenen Darlehen. In der Buchhaltung wurden die Überweisungen auf das Konto bei der G-Bank bei jedem Ehegatten jeweils als hälftige Entnahmen gebucht.
Weitere Überweisungen erfolgten auf ein Privatkonto des Antragsgegners bei der H-Bank.
Auch die Einzelkanzlei des Antragsgegners unterhielt Konten bei der I-Bank, der F-Bank und der H-Bank. Jedenfalls teilweise wurde mit den Einnahmen des Antragsgegners aus der Einzelkanzlei die allgemeine Lebensführung der Beteiligten finanziert, etwa wurden Urlaube hiermit bezahlt.
Nach der Trennung entnahmen beide Beteiligten weitere Gelder von den Konten der gemeinsamen Steuerberatungsgesellschaft.
Mit Schr...