Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 19.07.2011; Aktenzeichen 19 T 132+420/10) |
Notariat Filderstadt (Aktenzeichen II UZ 873+874/2009) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Kostenschuldnerin gegen den Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 19.7.2011 - 19 T 132/10 und 19 T 420/10, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Beschwerde des Kostengläubigers wird der Beschluss der 19. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 19.7.2011 - 19 T 132/10 und 19 T 420/10 abgeändert:
Die Beanstandung der Kostenschuldnerin gegen die Kostenrechnungen des Kostengläubigers vom 18.1.2010, Nr. 101760 (II UR 25/2010) und Nr. 101761 (II UR 26/2010), wird zurückgewiesen
und die Anweisung an den Kostengläubiger auf Rückerstattung von 871,08 EUR wird aufgehoben.
3. Das Verfahren vor dem LG ist gebührenfrei. Auslagen sind nicht zu erstatten.
4. Die Kostenschuldnerin hat die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens aus einem Geschäftswert von 437,27 EUR zu tragen. Das Beschwerdeverfahren ist im Übrigen gerichtsgebührenfrei. Auslagen und außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Beschwerdewert: 1.308,35 EUR (Beschwerde der Kostenschuldnerin: 437,27 EUR und des Kostengläubigers: 871,08 EUR)
Gründe
I. Der Kostengläubiger fertigte im Dezember 2009 für die Kostenschuldnerin Entwürfe einer General- und Vorsorgevollmacht (II UR 25/2010) sowie eines Testaments (II UR 26/2010) und übersandte diese mit Begleitschreiben vom 17.12.2009 der Kostenschuldnerin zur Kenntnisnahme und Durchsicht. Zu einer Beurkundung kam es in der Folgezeit nicht. Daraufhin erstellte der Kostengläubiger am 18.1.2010 für den Entwurf der General- und Vorsorgevollmacht sowie des Testaments Kostenrechnungen (Nr. 101760) über 437,27 EUR und (Nr. 101761) über 871,08 EUR, insgesamt 1.308,35 EUR. Erhoben wurde jeweils eine Entwurfsgebühr gem. § 145 Abs. 1 Satz 1 KostO unter Zugrundelegung eines Geschäftswerts von 450.000 EUR. Die Kostenrechnungen wurden von der Kostenschuldnerin Ende Januar 2010 beglichen.
Am 24.3.2010 legte die Kostenschuldnerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten "Kostenbeschwerde" ein und forderte die Erstattung der bezahlten Rechnungsbeträge.
Die dem LG Stuttgart vom Kostengläubiger zur Entscheidung vorgelegte Beanstandung gegen die Kostenrechnungen wurde nach Anhörung des Bezirksrevisors und Durchführung einer Beweisaufnahme mit Beschluss vom 9.7.2011 (Az. 19 T 132/10 und 19 T 420/10) dahingehend beschieden, dass lediglich die 0,25-Gebühr nach § 130 Abs. 2 KostO (Rücknahme des Beurkundungsauftrags) von jeweils 138 EUR zzgl. Portoauslagen und Umsatzsteuer, insgesamt 437,27 EUR in Ansatz gebracht werden könne. Unter Zurückweisung der Beanstandung im Übrigen wurde der Kostengläubiger angewiesen, den zu viel empfangenen Betrag von 871,08 EUR zurückzuerstatten.
Gegen die am 21.7.2011 zugestellte Entscheidung haben der Kostengläubiger auf Anweisung der vorgesetzten Dienstbehörde am 9.8.2011 und die Kostenschuldnerin am 19.8.2011 Beschwerde eingelegt.
Der Kostengläubiger hält die Abrechnung der Entwurfsgebühr für gerechtfertigt. Die Kostenschuldnerin widerspricht ihrer Kostenhaftung insgesamt, weil der den Kostengläubiger beauftragende Zeuge ... ohne eine sie verpflichtende Vollmacht gehandelt habe.
Im einzelnen wird Bezug genommen auf den Beschluss des LG und das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten.
II. Die gem. § 156 Abs. 3 KostO ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaften Beschwerden sind zulässig (§ 156 Abs. 5 Satz 3 KostO i.V.m. § 58 ff FamFG).
1. Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin ist jedoch unbegründet.
Sie beruft sich darauf, dass sie weder einen Auftrag zur Beurkundung oder zur Fertigung von Entwürfen für eine Generalvollmacht oder ein Testament noch dem Zeugen ... eine Vollmacht erteilt habe. Dies sei durch die Beweisaufnahme bestätigt worden.
Das LG hatte am 12.1.2011 den Kostengläubiger angehört und den Zeugen ... vernommen sowie am 9.5.2011 die Kostenschuldnerin ebenfalls angehört. Auf den Inhalt der Protokolle wird verwiesen.
Die von der Vorinstanz vorgenommene Beweiswürdigung ist entgegen der Auffassung der Kostenschuldnerin nicht zu beanstanden. Sie kann nicht ihre Bewertung bzw. die ihres Verfahrensbevollmächtigten an diejenige des Gerichts setzen.
Denn über das Ergebnis einer Beweisaufnahme (§ 29 FamFG) entscheidet allein das Gericht nach freier Überzeugung (vgl. auch § 37 Abs. 1 FamFG). Dabei erstreckt sich die Beweiswürdigung nicht nur auf eine Bewertung der erhobenen Beweise und der bei der Beweiserhebung verwendeten Beweismittel, sondern auf den gesamten Verfahrensstoff, insbesondere auch auf die Erklärungen und Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten sowie den von ihnen hinterlassenen persönlichen Eindruck. Für die richterliche Überzeugungsbildung genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der vernünftige Zweifel ausschließt (Sternal in Keidel, FamFG, 16. Aufl. 2009, § 29 FamFG Rz. 27-28 m.w.N.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beweis...