Leitsatz (amtlich)
1. Eine in einem Vorbescheid angekündigte Abweisung von Anträgen kann nicht Gegenstand einer inhaltlichen gerichtlichen Überprüfung sein.
2. Mit Erlass eines Erbscheins wird ein gegen den Vorbescheid gerichtetes Beschwerdeverfahren gegenstandslos; dies gilt auch, wenn der erteilte Erbschein nicht dem angekündigten Erbschein entspricht.
3. Nach Erteilung eines Erbscheins kann das Beschwerdeverfahren gegen den Vorbescheid von den Beteiligten mit dem Ziel der Einziehung des Erbscheins und der Erteilung eines anderen Erbscheins fortgeführt werden.
4. Ist eine auflösende Bedingung einer Nacherbeneinsetzung unwirksam, kann die dadurch entstandene Lücke einer in einem Erbvertrag enthaltenen letztwilligen Verfügung im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung bzw. Umdeutung entsprechend dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Erblassers zu füllen sein.
5. Zur Reichweite des § 2065 BGB.
Normenkette
GG Art. 14 Abs. 1 S. 1; BGB §§ 2065, 2353; FGG §§ 19, 20 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hechingen (Beschluss vom 14.12.2004; Aktenzeichen 3 T 15/96) |
Tenor
1. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2), 13) und 14) wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Hechingen vom 14.12.2004 aufgehoben und die Sache zur weiteren Behandlung und neuen Entscheidung an das LG Hechingen zurückverwiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens bleibt dem LG vorbehalten.
Geschäftswert der weiteren Beschwerde des Beteiligten zu 2): 500.000 EUR
Geschäftswert der weiteren Beschwerde der Beteiligten zu 13) und 14): je 30.000 EUR.
Gründe
I. Gegenstand des Erbscheinsverfahrens ist die Erbfolge nach dem am 20.7.1951 verstorbenen Kronprinzen Wilhelm von Preußen (Erblasser), dem ältesten Sohn des 1941 verstorbenen ehemaligen Kaisers Wilhelm II.
Der Beteiligte zu 1) hatte beim Nachlassgericht in erster Linie die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der ihn als alleinigen Erben des Erblasser im Wege der Nacherbfolge ausweist, hilfsweise mit dem Zusatz, dass Testamentsvollstreckung angeordnet sei. Hilfsweise hatte er die Erteilung eines Erbscheins für seinen 1994 verstorbenen Großvater Dr. Louis Ferdinand Prinz von Preußen beantragt.
Der Beteiligte zu 2) hat beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragt, der ihn als Nacherben des Erblassers ausweist. Der Beteiligte zu 3) hat beantragt, die Erbscheinsanträge der Beteiligten zu 1) und 2) zurückzuweisen.
Das Notariat - Nachlassgericht - Hechingen erteilte mit Beschl. v. 7.9.1995 den Vorbescheid, bei Ausbleiben eines Rechtsmittels zu beabsichtigen, aufgrund des Weiteren Hilfsantrags des Beteiligten zu 1) einen Erbschein zu erteilen, wonach Alleinerbe des am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen sein Sohn Dr. Phil. Louis Ferdinand Prinz von Preußen, geboren 9.11.1907, verstorben am 25.9.1994, geworden ist. Weiter kündigte das Nachlassgericht an, den Haupt- und den anderen Hilfsantrag des Beteiligten zu 1), den Antrag des Beteiligten zu 2) sowie die Anträge des Beteiligten zu 3) zurückzuweisen. Die anderen angekündigten Entscheidungen beschäftigen sich mit der Testamentsvollstreckung.
Auf die dagegen eingelegten Rechtsmittel und die Beschlüsse des LG Hechingen vom 17.2.1997, des Senats vom 19.8.1997 und des BGH vom 2.12.1998 entschied das LG Hechingen auf der Grundlage der Entscheidung des BGH erneut mit Beschl. v. 7.12.2000 über den Vorbescheid. Danach wurde der Beschluss des Nachlassgerichts vom 7.9.1995 aufgehoben und das Nachlassgericht angewiesen, dem Beteiligten zu 1) einen Erbschein zu erteilen, der ihn als Nacherben nach dem am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen ausweist mit dem Vermerk, dass Testamentsvollstreckung angeordnet ist. Die dagegen eingelegten weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 7) wurden mit Beschluss des Senats vom 21.11.2001 zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 31.1.2002 erklärte das Nachlassgericht, einer Erteilung des Erbscheins nach Weisung des LG Hechingen stünden keine Hindernisse entgegen. Am 27.2.2002 erteilte das Nachlassgericht dem Beteiligten zu 1) einen Erbschein, wonach dieser alleiniger Nacherbe des am 20.7.1951 verstorbenen Wilhelm Prinz von Preußen geworden und Testamentsvollstreckung angeordnet sei.
Nachdem das BVerfG mit der Entscheidung vom 22.3.2004 den Beschluss des Senats vom 21.11.2001, den Beschluss des LG Hechingen vom 7.12.2000 und den Beschluss des BGH vom 2.12.1998 aufgehoben und die Sache an das LG Hechingen zurückverwiesen hatte, beantragte der Beteiligte zu 2), im Wege der einstweiligen Anordnung den Erbschein vom 27.2.2002 einzuziehen, hilfsweise dem Beteiligten zu 1) aufzugeben, den Erbschein zu den Akten des Nachlassgerichtes einstweilen zurückzugeben. Mit Beschl. v. 14.5.2004 ordnete die 3. Zivilkammer des LG Hechingen die Herausgabe des Erbscheins durch den Beteiligten zu 1) an, ohne die Einziehung anzuordnen. Zur Zuständigkeit führte das LG in diesem Beschluss aus, in dem bei der Kammer anhängigen Hauptsacheverfahren sei nicht über die Einziehung des Erbscheins, sondern über die Be...