Leitsatz (amtlich)
Bei unzureichender Terminswahrnehmung durch den anwaltlichen Parteivertreter kann es geboten sein, das persönliche Erscheinen des Vorstandsvorsitzenden einer Versicherungsgesellschaft anzuordnen und nach dessen Ausbleiben ein hohes Ordnungsgeld zu verhängen.
Normenkette
ZPO § 141 Abs. 3 Sätze 1-2, § 278 Abs. 3, § 380 Abs. 3, § 273 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Ulm (Beschluss vom 06.10.2014; Aktenzeichen 3 O 60/14) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Ulm - 3 O 60/14 - vom 6.10.2014 wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird auf 1.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin, ein Versicherungsunternehmen, wendet sich gegen den Beschluss des LG Ulm - 3 O 60/14 - vom 6.10.2014, mit dem ihr wegen unentschuldigten Ausbleibens ihres gesetzlichen Vertreters im Termin zur mündlichen Verhandlung ein Ordnungsgeld von 1.000,- EUR auferlegt wurde.
Die Klägerin begehrt im gegen ihren Versicherungsnehmer vor dem LG geführten Rechtsstreit Zahlung von rückständigen Krankenversicherungsvertragsbeiträgen i.H.v. insgesamt 8.414,90 EUR nebst Nebenforderungen. In diesem Rechtsstreit wurden die Parteien mit Verfügung des LG vom 15.5.2014 zum Termin am 25.6.2014 geladen und das persönliche Erscheinen zur Aufklärung des Sachverhalts und für einen Güteversuch angeordnet. Im Termin vom 25.6.2014 erschien weder der gesetzliche Vertreter der Klägerin noch ein ausreichend informierter Vertreter. Die Klägerin hat sich für das Nichterscheinen nicht entschuldigt. Das LG hat im ersten Termin vom 25.6.2014 von der Verhängung eines Ordnungsgeldes abgesehen und einen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 1.10.2014 bestimmt. Zum zweiten Termin am 1.10.2014 hat das LG die gesetzlichen Vertreter, Vorstände der Klägerin, zur Aufklärung des Sachverhalts gem. § 141 ZPO geladen. Auf Hinweis der Klägervertreter vom 18.7.2014 hat das LG mit Verfügung vom 21.7.2014 (Bl. 64 f.) das persönliche Erscheinen der Vorstände der Klägerin nicht aufgehoben, sondern darauf hingewiesen, dass das Gericht gem. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO von der Verhängung eines Ordnungsgeldes absehen werde, soweit ein Vertreter entsendet werde, der zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage sei.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 1.10.2014 erschien beim LG weder ein gesetzlicher Vertreter der Klägerin noch ein von der Klägerin entsandter informierter Vertreter (Sachbearbeiter), sondern erneut ein unterbevollmächtigter Rechtsanwalt. Der Unterbevollmächtigte hat auf die Frage des LG zu den fraglichen Zahlungseingängen zu Protokoll gegeben, er habe keine weitere Kenntnis über Zahlungseingänge für die Zeit nach September 2011. Auf die Frage von Zahlungseingängen und den Kontoverbindungen bei der Beklagten äußerte der Unterbevollmächtigte: "Ich kann dazu nichts sagen". Auch zu Fragen im Hinblick auf ein Vertragsanpassungsschreiben der Klägerin gem. § 21 VVG konnte der unterbevollmächtigte Rechtsanwalt "keine Auskunft geben".
Das LG verhängte mit Beschluss vom 1.10.2014 gegen die Klägerin ein Ordnungsgeld i.H.v. 1.000,- EUR mit der Begründung, der ordnungsgemäß geladene Vorstand sei unentschuldigt vom Termin ferngeblieben. Ein hinreichend informierter Vertreter gem. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO, der zur Sachverhaltsaufklärung hätte beitragen können, sei nicht anwesend gewesen.
Die Klägerin legte gegen den Ordnungsgeldbeschluss mit Fax-Schriftsatz vom 22.10.2014, am selben Tage beim OLG eingegangen, sofortige Beschwerde ein. Das LG habe in der Terminsverfügung mit der Ladung des Vorstands der Klägerin die im Termin zu stellenden Fragen und die klärungsbedürftigen Punkte nennen müssen. Der Vorstand hätte zudem keine Auskünfte über den Vertrag zwischen den Parteien, den teilweise strittigen Zahlungseingängen und zu dem Vertragsanpassungsschreiben gem. § 21 VVG geben können. Die Hauptbevollmächtigten der Klägerin hätten auch mit Schriftsatz vom 18.7.2014 und vom 16.9.2014 darauf hingewiesen, dass weder der gesetzliche Vertreter der Klägerin noch ein Sachbearbeiter der Klägerin der Anordnung des persönlichen Erscheinens Folge leisten könnten. Der Hauptbevollmächtigte habe im letzten Schriftsatz darum gebeten, die Anordnung des persönlichen Erscheinens für die Klägerin aufzuheben und um kurzfristige Rückmeldung gebeten. Eine Rückmeldung durch das LG sei nicht erfolgt, weshalb die Klägerin zum Termin am 1.10.2014 erneut einen unterbevollmächtigten Rechtsanwalt entsandte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Beschwerdebegründung Bezug genommen.
Mit Nichtabhilfebeschluss vom 14.10.2014 hat das LG die Akten dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet.
1. Die sofortige Beschwerde ist entsprechend § 380 Abs. 3 ZPO statthaft, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (OLG Stuttgart, NJW-RR 2014, 447 f. m.w.N.; OLG Stuttgart MDR 2009, 1301 f. m.w.N.; Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., 3. Band, § 141 Rz. 56 m.w.N.; Zöller, ZPO, 30. Aufl., § 141 Rz. 15).
2. Die...