Leitsatz (amtlich)
Der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) kann im Rahmen von § 409 BGB einem gesetzlichen Abtretungsverbot nicht gleichgestellt werden. Selbst wenn eine vertragliche Vereinbarung über die Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten aus einem Vertrag über eine Lebensversicherung wegen eines Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 KWG und/oder § 3 RDG gemäß § 134 BGB nichtig wäre und die Nichtigkeit auch die gegenüber dem Versicherer angezeigte Abtretung erfassen würde (§ 139 BGB), steht dies einer Anwendung des § 409 Abs. 1 Satz 1 BGB zugunsten des Versicherers nicht entgegen.
Normenkette
BGB §§ 409, 134
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 28.09.2016; Aktenzeichen 18 O 136/16) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 28.09.2016, Az. 18 O 136/16, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des LG Stuttgart ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach den Urteilen vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 31.575,20 EUR.
Gründe
I. Der Kläger begehrt die Feststellung des Fortbestehens eines mit der Beklagten geschlossenen Lebensversicherungsvertrages.
Der Kläger schloss mit der Beklagten einen Lebensversicherungsvertrag mit Berufsunfähigkeitsvorsorge, der mit Versicherungsschein vom 04.07.1990 (Anl. B 4, Bl. 71 bis 74) unter der Versicherungsnr. ... policiert wurde. Der Vertrag sah einen Versicherungsbeginn zum 01.07.1990, eine Laufzeit von 34 Jahren sowie eine Ablaufleistung von 39.469,00 EUR vor. Der Kläger zahlte an die Beklagte eine monatliche Prämie in Höhe von 129,76 EUR.
Mit einer "Vereinbarung über die Übertragung einer Kapitallebensversicherung" vom 24.06.2009 bzw. 29.06.2009 (Anl. K 2) mit Nachtrag vom 18.08.2009 (Anl. K 3) übertrug der Kläger sämtliche Rechte und Pflichten aus dem bezeichneten Versicherungsvertrag auf die Firma S&K Sachwert AG, Mainaschaff (nachfolgend: S&K). Nach dem Inhalt der Vereinbarung erhielt der Kläger für die Übertragung keine sofortige Gegenleistung. Vielmehr sollte die Firma S&K die Kündigung des Versicherungsvertrages erklären. Nach Auszahlung des Rückkaufswertes sollte der Kläger hiervon einen Teilbetrag und nach Ablauf von acht Jahren den - verdoppelten - Differenzbetrag erhalten.
Mit Datum vom 01.07.2009 zeigte die Firma S&K der Beklagten an, dass sie im Wege der Abtretung Inhaberin der Versicherung geworden sei (Anl. B 1, Bl. 65). Der Mitteilung beigefügt war eine "Anzeige der Abtretung und Umschreibung einer bestehenden Versicherungspolice" vom 24.06.2009 bzw. 29.06.2009 (Anl. B 2, Bl. 66 bis 69). Die Beklagte bestätigte mit Datum vom 15.07.2009, dass die Abtretung vermerkt worden sei.
Mit Schreiben vom 17.07.2009 (Anl. B 3, Bl. 70) kündigte die Firma S&K den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag und beanspruchte die Auszahlung des Guthabens. Die Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 06.08.2009 die Kündigung und zahlte den Rückkaufswert an die Firma S&K aus.
Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 16.03.2016 (Anl. K 5) forderte der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung auf den 13.04.2016 zur Erklärung auf, dass das Versicherungsverhältnis unverändert fortbestehe, was die Beklagte mit Schreiben vom 20.04.2016 (Anl. K 6) ablehnte.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Veräußerung und Abtretung der Rechte und Pflichten aus der Lebensversicherung sei gemäß §§ 134, 139 BGB nichtig.
Zum einen liege nach dem Inhalt des mit der Firma S&K geschlossenen Vertrages ein Einlagengeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 KWG vor, wofür die Firma S&K die erforderliche Erlaubnis nicht besessen habe. Der darin liegende Verstoß gegen § 32 Abs. 1 KWG führe nicht nur zur Nichtigkeit der Vereinbarung über die Modalitäten der Zahlungen der Firma S&K, sondern darüber hinaus zur Nichtigkeit des Vertrages insgesamt. Denn das Vertrauen in die Stabilität des Finanzsystems sei generell belastet, wenn es zur Disposition der jeweiligen Vertragsparteien stünde, die Rechtsgeschäfte trotz fehlender Erlaubnis über einen längeren Zeitraum fortzuführen. Hinsichtlich der Nichtigkeitsfolgen könne der Vertrag nach der Interessenlage der Vertragsparteien und der Verkehrssitte nicht in einzelne Elemente aufgespalten werden, weshalb von einer Gesamtnichtigkeit auszugehen sei.
Zum anderen liege ein Verstoß gegen § 3 RDG vor. Die zwischen dem Kläger und der Firma S&K geschlossene Vereinbarung stelle keinen echten Forderungskauf, sondern vielmehr eine Inkassozession und damit eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs. 2 S. 1 RDG dar, weil nicht die Firma S&K, sondern vielmehr der Kläger nac...