Leitsatz (amtlich)
Zur Unwirksamkeit der Klausel "Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben" in Verbrauchsgüterkaufverträgen über Wohnmobile und Wohnwagen.
Normenkette
BGB § 307; UKLaG § 1
Verfahrensgang
LG Tübingen (Urteil vom 21.10.2022; Aktenzeichen 4 O 152/22) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 21.10.2022 wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verbrauchsgüterkaufverträgen über neue Wohnwagen und Wohnmobile zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:
"Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben."
2. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 Euro (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.
III. Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Streitwert in beiden Rechtszügen: 2.500,00 Euro
Gründe
A Der Kläger, ein eingetragener Verbraucherverein, verlangt von der Beklagten, die Verwendung einer Formularklausel zu unterlassen.
Wegen des Sachverhalts wird auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts verwiesen. Zusammengefasst: Die Beklagte veräußert Reisemobile und verwendet in diesem Zusammenhang die folgende Klausel (Anlage K 2, Bl. 12 unter Ziff. IV.1):
"Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben."
Der Kläger ist der Auffassung, die Klausel verstoße gegen § 307 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1 BGB, weil nach dem Wortlaut der Klausel auch nach Vertragsschluss getroffene mündliche Abreden über Liefertermine und Lieferfristen für unwirksam erklärt würden. Damit werde der Vorrang der Individualabrede (§ 305 lit. b BGB) unterlaufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof habe eine entsprechende Klausel für wirksam erachtet. In dem dort entschiedenen Sachverhalt sei auf der Vorderseite des Bestellscheins unmittelbar unter der Unterschrift des Bestellers eine Spalte vorgesehen gewesen, in der Lieferzeit bzw. Liefertermin einzutragen gewesen seien; in zwei dafür vorgesehenen Feldern sei zudem anzukreuzen gewesen, ob die Frist unverbindlich oder verbindlich sein sollte (BGH, Urteil vom 7. Oktober 1981 - VIII ZR 229/80, juris Rn. 27). Zu der weiteren Frage, ob der von der Beklagten verwendete Bestellschein für die Individualabrede, die die Parteien bei Vertragsschluss über die Lieferzeit treffen, an deutlich sichtbarer Stelle einen besonderen Raum vorsehe, habe der Kläger keinen Vortrag gehalten. Daher könne im Verbandsverfahren nicht zweifelsfrei von einer unangemessenen Benachteiligung von Verbrauchern ausgegangen werden.
Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Der vorliegende Fall weise die vom Bundesgerichtshof entschiedene Vertragsgestaltung nicht ansatzweise auf. Der einzige Hinweis dort habe im Fließtext gelautet: "Liefertermin vorbehaltlich Pandemieverlauf." Bei der Beurteilung der Klausel müsse der gesamte Vertragsinhalt mitberücksichtigt werden.
Der Kläger beantragt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.10.2022 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen - Az.: 4 O 152/22 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert:
I. Der Beklagten wird untersagt, gegenüber Verbrauchern gemäß § 13 BGB die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen im Zusammenhang mit Verbrauchsgüterkaufverträgen über neue Wohnwagen und Wohnmobile zu verwenden oder sich auf diese Klausel zu berufen:
Liefertermine und Lieferfristen, die verbindlich oder unverbindlich vereinbart werden können, sind schriftlich anzugeben.
II. Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00 (ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Wochen) oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das Urteil des Landgerichts. Die Klausel vermittle dem Kunden nicht den Eindruck, dass die Nichteinhaltung des Schriftformerfordernisses zur Ungültigkeit einer mündlichen Abrede führe. Sie diene nur der Beweisfunktion.
B Die zulässige Berufung hat Erfolg.
I. Der Kläger kann gem. § 1 i.V.m. § 3 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG verlangen, dass die Beklagte es unterlässt, die beanstandete Klausel zu verwenden oder sich auf diese zu berufen. Wer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die nach den §§ 307 bis 309 BGB unwirksam sind, verwendet, kann gemäß § 1 UKlaG auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Aus der - unstreitigen - Verwendung der Klausel in unzulässiger Weise resultiert die tatsäch...