Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 12.03.2021; Aktenzeichen 4 O 393/20)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 12.03.2021, Az. 4 O 393/20, abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.669,29 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 9.647,92 EUR, der sich Tag für Tag linear auf 8.669,29 EUR ermäßigt, für die Zeit vom 06.11.2020 bis 29.11.2021 sowie aus einem Betrag von 8.669,29 EUR seit dem 30.11.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw xyz, Fahrzeugidentifikationsnummer: 123.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen die Klägerin 45 % und die Beklagte 55 %. Von den Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug tragen die Klägerin 48 %, die Beklagte 52 %.

IV. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 16.779,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises, abzüglich einer Nutzungsentschädigung, im Zusammenhang mit dem sog. Abgasskandal.

1. Am 02.10.2014 erwarb die Klägerin bei einem Autohändler das im Tenor genannte Fahrzeug als Gebrauchtwagen mit einer Laufleistung von 100.000 km zum Preis von 16.779,00 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten entwickelten Dieselmotor des Typs EA 189 ausgestattet und verfügt über eine Motorsteuerungssoftware, die erkennt, ob das Fahrzeug einer Abgasprüfung auf dem Prüfstand unterzogen wird.

Wegen der Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

In der letzten mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug am 03.03.2021 betrug die Laufleistung des Fahrzeugs 190.065 km, in der letzten mündlichen Verhandlung im zweiten Rechtszug am 30.11.2021 196.665 km.

2. Das Landgericht hat die im Oktober 2020 erhobene Klage mit Urteil vom 12.03.2021 abgewiesen. Das Gericht gehe zwar davon aus, dass der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gem. § 826 BGB zustehe. Dieser Anspruch sei jedoch gem. § 214 Abs. 1 BGB verjährt, da die Klägerin spätestens im Jahr 2016 Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen erlangt habe und ihr die Erhebung einer Klage zumutbar gewesen sei. Der geltend gemachte Anspruch könne auch nicht nach der Regelung des § 852 BGB bestehen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

3. Die Klägerin hat gegen das ihr am 17.03.2021 zugestellte Urteil am 16.04.2021 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 17.08.2021 - am 12.08.2021 rechtzeitig beim Oberlandesgericht Stuttgart eingegangen.

Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung ihr erstinstanzliches Begehren unter Anrechnung einer vom Gericht gem. § 287 ZPO zu schätzenden Nutzungsentschädigung weiter. Sie vertritt die Auffassung, der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei nicht verjährt. Von der Betroffenheit ihres Fahrzeugs habe sie erst im Jahr 2017 durch ein Rückrufschreiben der Beklagten Kenntnis erlangt. Die Klägerin meint, bei der Berechnung des Nutzungsersatzes sei von einer zu erwartenden Gesamtlaufleistung von 300.000 km auszugehen.

Die Klägerin beantragt:

1. Unter Abänderung des am 12.03.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Az: 4 O 393/20, wird die Berufungsbeklagte verurteilt, an die Klagepartei EUR 16.779,00 abzüglich einer vom Gericht gem. § 287 ZPO zu schätzenden Nutzungsentschädigung zuzüglich Zinsen in Höhe von 5%-Punkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 05.10.2020 aus dem ausgeurteilten Betrag zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW xyz Fahrzeugidentifikationsnummer: 123).

2. Unter Abänderung des am 12.03.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Az: 4 O 393/20, wird festgestellt, dass die Berufungsbeklagte verpflichtet ist, der Klagepartei Schadensersatz zu bezahlen für weitere Schäden, die daraus resultieren, dass die Berufungsbeklagte das Fahrzeug xyz (Fahrzeugidentifikationsnummer: 123) dahingehend beeinflusst hat, dass dieses hinsichtlich der Abgasstoffmenge im Prüfstandbetrieb einen geringeren Ausstoß aufweist als im regulären Betrieb im Straßenverkehr.

hilfsweise zu 2.:

2. Unter Abänderung des am 12.03.2021 verkündeten Urteils des Landgerichts Tübingen, Az: 4 O 393/20, wird festgestellt, dass die Berufungsbeklagte verpflichtet ist, der Klageparte...

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