Verfahrensgang
LG Hechingen (Urteil vom 21.03.2019; Aktenzeichen 1 O 377/18) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hechingen vom 21.03.2019, Az. 1 O 377/18, wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Rechtsstreits bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Hechingen ist - bezüglich der Klägerin - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger, die im April 2016 einen Pkw der Marke "XX" kauften, machen gegen die Beklagte Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem sog. XX-Abgasskandal geltend.
Die Kläger kauften mit Vertrag vom 12.04.2016 bei der Y GmbH in B. ein gebrauchtes Fahrzeug XX ... (103 kW) mit einer Laufleistung von 1.001 km zum Preis von 32.560,00 EUR, wobei die Vertragsurkunde eine "Firma Z." ausweist und die Beklagte daher die Aktivlegitimation der Kläger bestreitet.
Für das Fahrzeug war eine Typgenehmigung nach Euro-5 erteilt worden. In dem Fahrzeug ist ein Motor des Typs EA189 verbaut. Dieser enthielt eine Software, welche erkannte, ob das Fahrzeug sich im NEFZ-Testzyklus oder im Realbetrieb befand und die Steuerung der Abgasrückführung an diesen beiden Situationen ausrichtete. Im NEFZ-Testzyklus kam es zu einer höheren Abgasrückführungsrate als im Realbetrieb. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat hierin eine unzulässige Abschalteinrichtung erkannt. Inzwischen wurde - wohl nach Kaufvertragsabschluss und Übergabe des Fahrzeugs - ein vom KBA genehmigtes Software-Update aufgespielt. Hierdurch wurde die "Umschaltlogik" entfernt.
Bereits einige Zeit vor dem behaupteten Erwerb durch die Kläger hatte die Beklagte am ...09.2015 eine Ad-hoc-Mitteilung (§ 15 WpHG) veröffentlicht (https://www....), worin es hieß:
XX treibt die Aufklärung von Unregelmäßigkeiten einer verwendeten Software bei Diesel-Motoren mit Hochdruck voran. [...] Auffällig sind Motoren vom Typ EA189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. [...] auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt. XX arbeitet mit Hochdruck daran, diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen.
Dies war der Anlass für eine auch in der Folgezeit anhaltende ausführliche und umfangreiche Medienberichterstattung (vgl. GA 482 ff.).
Unmittelbar nach der Ad-hoc-Mitteilung informierte die Beklagte zudem ihr Händlernetz (GA 489) und wies die Händler an, alle Fahrzeuge zu kennzeichnen, bei denen bereits das Update aufgespielt wurde, zu kennzeichnen. Anfang Oktober stellte die Beklagte überdies auf ihrer Homepage ein Tool zur Verfügung, mit dem für jedes Fahrzeug ermittelt werden konnte, ob es von der "Umschaltlogik" betroffen ist. Hierüber informierte die Beklagte mit einer Pressemeldung am ...10.2015. In zahlreichen Medien wurde darüber berichtet.
Wie der Beklagtenvertreter im Termin vor dem Senat näher erläuterte, schrieb die Beklagte im Februar 2016 - sobald ihr die hierfür erforderlichen Angaben vom KBA zur Verfügung gestellt worden waren - alle betroffenen Halter einzeln an und informierte sie über die beanstandete "Umschaltlogik", die anstehende Rückrufaktion und die Umsetzung durch Aufspielen eines Softwareupdates, das die "Umschaltlogik" entfernen sollte. Sobald das jeweilige für den Fahrzeugtyp individuell programmierte Update zur Verfügung stand, setzte die Beklagte die jeweiligen Halter hiervon in Kenntnis und forderte sie dazu auf, das Update aufspielen zu lassen.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die auf Zahlung von 32.560 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs und auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten bzgl. etwaiger weiterer Schäden gerichtete Klage abgewiesen. Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Schadenersatz. Eine Haftung der Beklagten nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB scheitere jedenfalls deswegen, weil die Beklagte die Kläger nicht betrugsrelevant getäuscht habe. Das Inverkehrbringen des Fahrzeugs enthalte nicht die konkludente Erklärung, das Fahrzeug halte sämtlichen gesetzlichen Bestimmungen ein. In Betracht komme daher allenfalls eine Täuschung durch Unterlassen der Aufklärung über die unzulässige Abschalteinrichtung. Dies setze eine Aufklärungspflicht voraus; eine solche sei aber zu verneinen. Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach § 826 BGB lägen gleichfalls nicht vor. Nicht jede Missachtung gesetzlicher Bestimmungen bedeute einen Sittenverstoß. Das Verschweigen der "Abgasmanipulation" sei mangels diesbezüglicher Offenbarungspflicht nicht sittenwidrig. Schließlich bestehe kein Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 16 UWG. Dass die Beklagte falsche Angaben gemachte habe, sei von den Klägern nicht dargelegt worden.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der Berufung. Sie verfolgen lediglich den Zahlungsantrag weiter, begehre...