Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 18.06.2003; Aktenzeichen 4 O 50/03) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des LG Heilbronn vom 18.6.2003, Az. 4 O 50/03, wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 5.683,31 Euro
Gründe
I. Der Kläger begehrt vom Beklagten wegen eines Unfalls an der von diesem betriebenen Wasserrutsche den Ersatz immateriellen Schadens, Schmerzensgeld und die Feststellung der Ersatzpflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden.
Der Beklagte betreibt öffentlich-rechtlich organisiert in Oberstenfeld ein Freibad, in dem sich u.a. eine sog. Familienrutsche mit einer Breite von 4 m und einer Länge von 27 m befindet. Am 20.6.2002 gegen 15.00 Uhr benutzte der zu diesem Zeitpunkt 16 1/2 Jahre alte Kläger die Rutsche. Im Auslauf der Rutsche prallte ein anderer so unglücklich auf den Kläger, dass dieser einen Zahn verlor und erhebliche Verletzungen an zwei weiteren Zähnen erlitt.
Mit Urteil vom 18.6.2003 hat das LG die Klage abgewiesen, weil eine schuldhafte Verletzung der dem Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht nicht vorliege. Die am Zugang der Rutsche angebrachten Hinweise auf Gefahren und für die Benutzung seien vorhanden. Eine lückenlose Kontrolle der Rutschbahn durch Aufsichtspersonen wäre angesichts der erheblichen Kosten und der trotzdem verbleibenden Risiken von der Verkehrssicherungspflicht des Beklagten nicht umfasst. Darüber hinaus scheide eine Haftung des Beklagten gem. § 254 BGB aus, weil der Kläger erkannt habe, dass an diesem Tag sehr viele Kinder und Jugendliche ohne Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes gerutscht seien und er gleichwohl die Rutsche benutzt habe.
Dagegen wendet sich die Berufung des Klägers mit der Auffassung, in der ersten Instanz sei die Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der benannten Zeugen und Einholung eines beantragten Gutachtens erforderlich gewesen. Das LG habe ohne die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens unterstellt, dass die Beschilderung an der Rutsche den geltenden DIN-Normen entspreche. Die Verkehrssicherungspflicht des Beklagten richte sich nicht nach der Rentabilität des Freibades; wenn der Beklagte aus Kostengründen nicht in der Lage sei, ausreichend Aufsichtspersonen für die Rutschen bereitzustellen, dann dürfe er die Rutschen den Benutzern nicht zur Verfügung stellen. Hätte eine Aufsichtsperson am Einstieg der Rutsche für einen ausreichenden zeitlichen Abstand der einzelnen Benutzer gesorgt, wäre der Unfall nicht entstanden. Weil der Kläger die Rutsche ordnungsgem. und vernünftig benutzt habe, sei ihm ein Mitverschulden nicht anzulasten.
Der Kläger beantragt:
Unter Aufhebung des am 18.6.2003 verkündeten Urteils des LG Heilbronn, AZ 4 O 50/03 VI wird die Beklagte verurteilt
1. an den Kläger 2.683,31 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
2. an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die dem Kläger aus dem Unfall vom 20.6.2002 im Mineralfreibad Oberstenfeld noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf die Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.
1. Im Bereich der Leistungsverwaltung (Daseinsvorsorge) steht der öffentlichen Hand ein Wahlrecht hinsichtlich der Rechtsform des Verwaltungshandelns zu, das der Beklagte vorliegend nach Auskunft in der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu Gunsten eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses ausgeübt hat. Die Ersatzpflicht für materielle Schäden kann sich damit aus einer Verletzung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses durch den Beklagten und daneben für materielle Schäden und gleichzeitig den Schmerzensgeldanspruch aus §§ 839, 847 BGB a.F. i.V.m. Art. 34 GG ergeben.
Voraussetzung für eine Haftung des Beklagten wäre die schuldhafte Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht ggü. dem Kläger. Der Beklagte hatte, wenn er der Allgemeinheit das Freibad und die in diesem sich befindlichen Rutschen der Allgemeinheit zur Verfügung stellte, die Benutzer vor dem Gefahren zu schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind (BGH v. 29.1.1980 – VI ZR 11/79, MDR 1980, 479 = VersR 1980, 863; v. 21.3.2000 – VI ZR 158/99, MDR 2000, 884 = VersR 2000, 984). Zu diesem Zweck hat er die einzelnen Schwimmbecken darauf überwachen zu lassen, ob dort Gefahrensituationen für die Badegäste auftreten. Die hierfür erforderlichen Maßnahmen hängen, soweit gesetzliche oder andere Vorschriften keine näheren Anforderungen enthalten, von den tatsächlichen Ums...