Leitsatz (amtlich)
1. Die Werbung für eine "Ocean bottle" (Plastikflasche) mit einem Werbevideo, das durch den Gesamteindruck von Ton- und Bildinformationen die Vorstellung weckt, das Plastik für die Herstellung der "Ocean bottle" werde unmittelbar aus dem Meer gefischt oder sei aus dem Meer an den Strand gespült und dort eingesammelt worden, ist irreführend, wenn das Plastik auch an Flussläufen und Kanälen in einiger Entfernung vom Meer eingesammelt wird und dorthin nicht aus dem Meer angeschwemmt worden ist oder wenn es sich bei dem am Strand gesammelten Plastik zu einem wesentlichen Teil auch um solches handelt, das vom Land her dorthin gelangt ist. Diese Fehlvorstellung ist auch marktrelevant.
2. Die Aussage, dass für die Herstellung der "Ocean bottle" aufgrund der dem Plankton nachempfundenen Einkerbungen 15 % weniger Plastik als bei einer komplett glatt gefertigten Flasche gebraucht werde, bezieht der Verbraucher auf eine fiktive Vergleichsflasche ohne Kerbenstruktur, nicht auf andere handelsübliche Plastikflaschen.
3. Die Aussage, die "Ocean bottle" bestehe zu 50% aus "Plastikmüll aus dem Meer" versteht der Verbraucher dahin, dass 50% des Gewichtsanteils dieser Flasche aus Plastik gewonnen worden seien, dass das Meer bereits erreicht habe und zum Zwecke der Wiederverwertung unmittelbar aus diesem entnommen worden sei. Sie ist irreführend, wenn zur Herstellung Plastikmüll verwendet wird, der das Meer noch nicht erreicht hatte.
Normenkette
UWG §§ 5, 8
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 07.02.2018; Aktenzeichen 2 U 48/18) |
Tenor
1. Auf die Berufungen der Verfügungsbeklagten wird das Urteil des Vorsitzenden der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 07. Februar 2018 (Az.: 40 O 90/17 KfH) unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel dahin abgeändert, dass der Verfügungsbeschluss der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 17. November 2017 (Az.: 40 O 90/17 KfH) in Ziffer 1 b) aufgehoben, der Verfügungsantrag insoweit im Übrigen zurückgewiesen und diesem Urteil die Anlage Ast 4 beigeschlossen wird.
2. Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Auslagen der Verfügungsklägerin tragen diese selbst 1/3 und jede der Verfügungsbeklagten 1/3; von den außergerichtlichen Auslagen jeder der Verfügungsbeklagten diese je selbst 2/3 und die Verfügungsklägerin 1/3.
Streitwert für beide Rechtszüge: 225.000,- EUR, davon im Streitverhältnis der Verfügungsklägerin zu jeder der Verfügungsbeklagten 112.500,- EUR.
Gründe
I. Die Verfügungsklägerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Unterlassung von drei Behauptungen aus Lauterkeitsrecht.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 40. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 07. Februar 2018 (Az.: 40 O 90/17 KfH) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Beschlussverfügung vom 14. November 2017 bestätigt, mit der den Verfügungsbeklagten untersagt worden sei, geschäftlich handelnd
a) zu werben und/oder werben zu lassen, wenn dies wie in dem als Anlage Ast 4 wiedergegebenen Werbevideo ("Die Geschichte der E. O. B.") geschieht,
b) zu behaupten oder behaupten zu lassen, die Struktur der "O. B." würde bewirken, dass weniger Plastik als bei herkömmlichen Spülmittelflaschen gleicher Größe benötigt wird, wenn dies wie in Anlage Ast 6 b oder Anlage Ast 4 geschieht;
c) zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, dass die E. "O. B." aus 50% Plastikmüll aus dem Meer besteht,
Hierzu führt es, gestützt auf §§ 935, 940, 925 Abs. 2 ZPO, §§ 12 Abs. 2, 8 Abs. 1 S. 1 UWG in Verbindung mit §§ 5 Nr. 1, 3 Abs. 1 und 2 UWG, aus:
Die Verfügungsbeklagten hätten mit den von ihnen vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen nicht - entgegen den von der Verfügungsklägerin vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen - überwiegend glaubhaft machen können, dass es sich bei dem von ihr für ihre O. B. eingesetzten Material aus Brasilien um Plastikbehältnisse aus dem Meer handele, die ohne die Sammlung dem Meer überlassen geblieben wären, und nicht zum Teil um lediglich an Stränden hinterlassenen Plastikabfall. Ihr Vortrag ergebe sich aus der eidesstattlichen Versicherung des B. M. nicht.
Nicht dokumentiert sei der Transportweg des Granulats von der Recyclinganlage in Brasilien zur Verfügungsbeklagten Ziffer 1 in die Niederlande.
Damit seien die weiteren eidesstattlichen Versicherungen AG 18 bis AG 20 des Mitarbeiters V. von M. und des Mitarbeiters G. der Firma L. zur Weiterverarbeitung des PET-Materials ab Ankunft in den Niederlanden und zur Machbarkeit einer transparenten Plastikflasche zu 50% aus Meeresplastik nicht mehr von Bedeutung.
Die Verfügungsklägerin habe ihrerseits mit eidesstattlichen Versicherungen des Leiters ihrer Verpackungsentwicklung (Ast 7) und ihres geschäftsführenden Gesellschafters (Ast.8) nahegelegt, dass die Gewinnung von PET in der für eine transparente Flasche notwendigen Reinheit aus Meeresplastik wegen der Degradation von der Ausbeute her unwirtschaftlich sei.
Die Vortrags- ...