Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 18.02.2022; Aktenzeichen 29 O 461/21)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 18.02.2022 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Klagepartei trägt die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klagepartei wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern diese nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis 6.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. A. Die Klagepartei verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen des Erwerbs des streitgegenständlichen Fahrzeugs, da dieses von der Beklagten mit unzulässigen Abschalteinrichtungen versehen worden sei.

Die Klagepartei kaufte das streitgegenständliche Fahrzeug Mercedes-Benz E 220 CDI am 26.03.2017 von einem am Rechtsstreit nicht beteiligten Dritten mit einer damaligen Laufleistung von 162.273 km zu einem Preis von 22.000,00 EUR. Das Fahrzeug war von der Beklagten unter Verwendung eines Motors mit der Bezeichnung OM 651 hergestellt worden und verfügt über eine EG-Typgenehmigung nach der Schadstoffklasse Euro 5.

In dem Fahrzeug kommt eine Abgasrückführung (AGR) zur Anwendung, bei der das im Rahmen der Verbrennung entstandene Abgas in den Brennraum zurückgeleitet wird und somit erneut an der Verbrennung teilnimmt, was sich mindernd auf die Stickoxidemissionen (NOx-Emissionen) auswirkt. Die AGR arbeitet bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug u.a. temperaturgesteuert, wird also beim Unterschreiten einer Schwellentemperatur reduziert.

Weiter verfügt das streitgegenständliche Fahrzeug über eine sogenannte "Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung" (KSR), auch als "geregeltes Kühlmittelthermostat" bezeichnet, bei der die - durch den Einsatz einer Kühlung - verzögerte Erwärmung des Motoröls zu niedrigeren NOx-Emissionen führt.

Am 26.01.2022 wies das streitgegenständliche Fahrzeug einen km-Stand von 228.649 auf.

Erstinstanzlich hat die Klagepartei zuletzt beantragt für Recht zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... an die Klagepartei 22.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit abzüglich 7.778,70 EUR zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs mit der Fahrgestellnummer ... in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.390,87 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.

4. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 1.013,59 EUR erledigt ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

B. Das Landgericht hat in der Sache wie folgt für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 5.341,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.11.2021 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Mercedes-Benz E 220 CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ....

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeugs Mercedes Benz E 220 CDI mit der Fahrzeugidentifikationsnummer ... in Annahmeverzug befindet.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von außergerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 627,13 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 26.11.2021 freizustellen.

4. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in Höhe von 1.013,59 EUR erledigt ist.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Landgericht u.a. ausgeführt, der Klagepartei stehe ein Zahlungsanspruch in der tenorierten Höhe gemäß §§ 826, 31 BGB zu.

C. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt mit dem Ziel einer vollständigen Klageabweisung.

Die Beklagte beantragt mit ihrer Berufung für Recht zu erkennen:

die Klage unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Stuttgart vom 18.02.2022 (Az.: 29 O 461/21) in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klagepartei beantragt

die Berufung zurückzuweisen.

D. Die Klagepartei verteidigt das landgerichtliche Urteil.

E. Der Senat hat mit den Parteien am 19.07.2022 mündlich verhandelt. Die Parteien haben den km-Stand des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum 18.07.2022 mit 232.730 km unstreitig gestellt. Im Übrigen wird auf das Protokoll Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klage ist abzuweisen, da der Klagepartei weder aus §§ 826, 31 BGB (1.) noch aus einer sonstigen deliktischen Anspruchsgrundlage (2.) ein Anspruch gegen die Beklagte...

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