Leitsatz (amtlich)
1. Der Antrag des ungesicherten Verfügungsklägers auf Berufungsfristverlängerung ist dringlichkeitsschädlich. Dasselbe gilt für seinen Terminverlegungsantrag, der nicht auf eine Vorverlegung des Verhandlungstermins beschränkt ist. Darauf, ob eine Verzögerung tatsächlich eintritt, kommt es dafür nicht an.
2. Durch die schnelle Einreichung des Verfügungsantrags bei Gericht und eine zunächst zügige Verfahrensführung erwirbt der Verfügungskläger kein Zeitguthaben, das er später dringlichkeitserhaltend einsetzen könnte.
3. Zur Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung in Fällen der objektiven Klagenhäufung.
Normenkette
UWG § 12 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Aktenzeichen 21 O 70/21 KfH) |
Tenor
I. Die Berufung der Verfügungsklägerin und die Anschlussberufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heilbronn vom 09. September 2021 (Az.: 21 O 7/21 KfH) werden zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000,- EUR.
Gründe
A Die Verfügungsklägerin verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung Unterlassung geschäftlicher Handlungen.
Wegen des Sachverhalts wird auf die Feststellungen in dem Urteil des Vorsitzenden der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heilbronn vom 09. September 2021 (Az.: 21 O 7/21 KfH) Bezug genommen.
Das Landgericht hat dem gegen die Verwendung des Begriffs "X. Alternative" in einer Internetwerbung gerichteten Unterlassungsantrag aus §§ 6 Abs. 2 Nr. 2, 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, 12 UWG stattgegeben und den daneben gestellten, gegen die Beschreibung des Leistungsangebotes der Verfügungsbeklagten im Internet gerichteten Verfügungsantrag nach Beweisaufnahme zurückgewiesen. Es führt aus:
Die mit dem Verfügungsantrag Ziffer I angegriffene Werbung sei vergleichende Werbung im Sinne des § 6 Abs. 1 UWG, die weder objektiv sei, noch auf näher spezifizierte Eigenschaften bezogen und daher unlauter.
Die Verwendung des Namens der Verfügungsklägerin zusammen mit dem Wort "Alternative" stelle einen Vergleich dar. Auch wenn die Verfügungsbeklagte dieses Wort selbst nicht verwandt haben sollte, hafte sie aus § 8 Abs. 2 UWG für das Handeln des Unternehmers, dem sie die konkrete Ausgestaltung vor der Veröffentlichung überlassen habe.
Der Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten habe darüber hinaus die Anzeige zur Kenntnis genommen und hätte deshalb aus Ingerenz auch für eine Beseitigung sorgen müssen.
Die mit dem Verfügungsantrag Ziffer II angegriffene Werbeaussage sei nicht unlauter. Die vernommene Zeugin habe glaubhaft ausgesagt, dass die Verfügungsbeklagte handschriftliche Leistungen erbringe.
Gegen dieses Urteil hat die Verfügungsklägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt, die Verfügungsbeklagte innerhalb verlängerter Berufungserwiderungsfrist formgerecht Anschlussberufung. Beide Parteien haben ihre Rechtsmittel prozessordnungsgemäß begründet.
Die Verfügungsklägerin trägt gegen das landgerichtliche Urteil vor:
Die mit dem Verfügungsantrag Ziffer II verfolgte Aussage enthalte ein unlauteres Lockvogelangebot. Die Verfügungsbeklagte gebe damit das unzutreffende Versprechen, handschriftliche Werbung zu erstellen.
Zur Berufungserwiderung und zur Anschlussberufung hat die Verfügungsklägerin unter dem 07. Januar 2022, das vorgerichtliche und das gerichtliche Verfahren referierend, Stellung genommen:
Sie habe das Verfahren vorprozessual und prozessual beschleunigt betrieben. Weder der Fristverlängerungsantrag, noch der Terminverlegungsantrag seien bei der gebotenen Gesamtschau dringlichkeitsschädlich.
Das Landgericht sei zu einer unzutreffenden Feststellung über das Leistungsangebot der Verfügungsbeklagten gelangt und habe daher eine unlautere Werbung insoweit zu Unrecht verneint.
Die Verfügungsklägerin beantragt:
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Heilbronn vom 9. September 2021, Aktenzeichen 21 O 70/21 KfH, über den erstinstanzlich zuerkannten Unterlassungsanspruch nebst diesbezüglicher Ordnungsmittelandrohung hinaus
I. der Antragsgegnerin zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr wahrheitswidrig zu behaupten oder behaupten zu lassen, das Leistungsangebot der Antragsgegnerin beziehe sich auf "handgeschriebene" Briefe, Postkarten und Paketbeileger, wenn dies wie nachfolgend dargestellt geschieht:
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II. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverpflichtung gemäß I. ein Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlungen bis zu insgesamt 2 Jahren, anzudrohen
Die Verfügungsbeklagte beantragt:
1) Die Berufung der Verfügungsklägerin wird abg...