Verfahrensgang
LG Ellwangen (Urteil vom 20.05.2020; Aktenzeichen 3 O 436/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Ellwangen (Jagst) vom 20.05.2020 - 3 O 436/19 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
(abgekürzt nach §§ 313a Abs. 1 S. 1, 540 Abs. 2 ZPO)
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines mit einem Dieselmotor ausgestatteten Fahrzeugs.
I. Der Kläger erwarb am 30.09.2014 das streitgegenständliche Fahrzeug Porsche Macan S Diesel V6 TDI EU6 als Neuwagen mit einer Laufleistung von 5 km zu einem Preis von ... EUR von einem nicht am Rechtsstreit beteiligten Autohaus. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor ausgestattet, der von der ... entwickelt und hergestellt wurde. Zuletzt hat das Fahrzeug einen Kilometerstand von 148.138.
Das Fahrzeug ist von einer Rückrufanordnung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen, die mit dem Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung begründet ist. Bereits im Jahr 2016 ist im Rahmen einer freiwilligen Servicemaßnahme das vom KBA freigegebene Software-Update WG22 aufgespielt worden. Zur Beseitigung der vom KBA mit Bescheid vom ..., abgeändert durch Bescheid vom ..., beanstandeten unzulässigen Abschalteinrichtung steht ein vom KBA am 01.08.21018 freigegebenes Software-Update AJ07 zur Verfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands sowie der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 S. 1 ZPO).
II. Das Landgericht hat - unter Abweisung der Klage im übrigen - mit Urteil vom 20.05.2020, dem Beklagtenvertreter am 26.05.2020, dem Klägervertreter am 04.06.2020 zugestellt - wie folgt erkannt:
1. ...
III. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, eingegangen am 02.06.2020 und nach am 26.06.2020 beantragter Verlängerung am 27.07.2020, einem Montag, begründet (Bl. 52 d.A.).
Die Berufung der Klagepartei ist am 26.06.2020 eingegangen, die Berufung ist nach Fristverlängerung am 27.08.2020 begründet worden (Bl. 127 d.A.).
Die Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Ellwangen, Az. 3 O 436/19, wird die Klage insgesamt abgewiesen.
Der Kläger beantragt,
Zurückweisung der Berufung der Beklagten.
Der Kläger hat ursprünglich wie folgt beantragt:
...
Hilfsweise:
...
Zuletzt hat der Kläger - unter Klagerücknahme im übrigen, der die Beklagte zugestimmt hat - beantragt:
...
Die Beklagte beantragt,
Zurückweisung der Berufung.
IV. Der Senat hat mit den Parteien am 29.04.2024 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll und ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen wird Bezug genommen.
II. A. Die Berufungen beider Parteien sind zulässig.
Die Form- und Fristerfordernisse (§§ 517, 519, 520 ZPO) sind eingehalten.
B. Berufung der Beklagten:
Nach (teilweiser) Klagerücknahme ist die Berufung der Beklagten, die sich gegen die Verurteilung auf der Grundlage einer Schadensberechnung aus § 826 BGB gewandt hat, gegenstandslos.
C. Berufung des Klägers:
1. Insoweit die Klage zurückgenommen worden ist, ist auch die Berufung des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil gegenstandslos geworden. Mit der Klagerücknahme hat der Kläger von seiner Schadensberechnung auf der Grundlage von § 826 BGB Abstand genommen.
2. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Zahlung des zuletzt nur noch geltend gemachten sog. Differenzschadens aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH vom 26.06.2023 (VIa ZR 533/21; VIa ZR 10131/22; VIa ZR 335/21) zu.
a) Ein eventueller Differenzschaden wäre zwar durch die zwischenzeitlich gefahrenen Kilometer nur teilweise aufgezehrt.
b) Insoweit Software-Updates zur Verfügung stehen, hier insbes. das Software-Update AJ07, ist die Klagepartei gehalten, dieses durchführen zu lassen, will sie sich nicht in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen (Rechtsgedanke des venire contra factum proprium). Dies entspricht inzwischen der st. Rspr. des BGH (vgl. nur: BGH, Urteil vom 20. 07.2023 - III ZR 267/20, juris Rn. 33 a.E.; BGH, Urteil vom 23. 10. 2023 - VIa ZR 468/21, juris Rn. 14; OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. Dezember 2023 - 14 U 6/22, juris Rn. 93). Nach Darstellung der Beklagten sind beide Updates aufgespielt.
c) Im Hinblick auf das Thermofenster kann der Beklagten zum maßgeblichen Erwerbszeitpunkt des Klägers am 30.09.2014 jedoch kein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden..
aa) Es kann dabei dahingestellt bleiben, welche Bedatung das Thermofenster möglicherweise nach einem Update im Rahmen des Nationalen Forums Diesel derzeit aufweist, insbesondere, ob und inwieweit im Rahmen des derzeitigen Anhörungsverfahrens durch das KBA eine Aufweitung des Thermofensters angedacht ist, mit der Folge, dass dieses möglicherweise wegen eines erreichbaren, weiteren Temperaturbereichs nichtmals mehr als unzulässi...