Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein Planerauftrag an mehrere Architekten unter der Bezeichnung des Architekturbüros sowie der Namen der Architekten erteilt, kommt der Architektenvertrag regelmäßig nicht mit den Architekten persönlich, sondern mit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zustande, deren Gesellschafter die Architekten sind. Unerheblich ist, ob die Gesellschaft mit einem Zusatz im Rechtsverkehr auftritt, der kenntlich macht, dass es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt.
2. Erhebt ein Gesellschaftsgläubiger Klage gegen die Gesellschafter der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, können sich diese nicht auf die Verjährung der Verbindlichkeit der Gesellschaft berufen. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Handelsgesellschaftsrecht gilt gleichermaßen für die Inanspruchnahme der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts.
3. Da die eine Sekundärhaftung des umfassend beauftragten Architekten begründende Pflichtverletzung einen selbständigen Haftungsgrund gegenüber dem Auftraggeber darstellt, richtet sich die Verjährung des Sekundärhaftungsanspruchs nach §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.
4. Eine Verpflichtung des Architekten zur Offenbarung von eigenen Mängeln entfällt, wenn der Auftraggeber anderweitig sachkundig beraten und vertreten ist. Ob dies auch dann gilt, wenn der Auftraggeber Kenntnis von einem Gutachten erlangt, das eine dritte Partei eingeholt hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Enthält dieses Gutachten lediglich die Empfehlung, weitere Untersuchungen zur Klärung von Mangelursachen vorzunehmen, genügt dies nicht, um die Verpflichtung des Architekten im Rahmen der Sekundärhaftung zu begrenzen.
5. Der rechtskräftig zur Zahlung eines Vorschusses zur Mangelbeseitigung an seinen Vertragspartner verurteilte Auftraggeber eines Architekten ist als Geschädigter der Mangelhaftigkeit der Werkleistung des Architekten gegenüber diesem nicht verpflichtet, in einem Rechtsstreit mit seinem Vertragspartner die Zweifel des Architekten gegen die Abrechnung des Vorschusses durchzufechten. Der Auftraggeber hat einen Anspruch auf Erstattung der ihm tatsächlich entstandenen Kosten. Der Architekt kann gegebenenfalls Zug um Zug gegen Zahlung die Abtretung eventueller Rückforderungsansprüche des Auftraggebers gegen seinen Vertragspartner verlangen.
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 705; HGB § 128
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 22 O 116/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 26.04.2018, Az. 22 O 116/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 173.346,05 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 15.02.2018 zu zahlen.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.948,00 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 05.03.2017 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit im Übrigen in der Hauptsache erledigt hat.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 1/7 und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 6/7.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 201.685,37 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die klagende Bauträgergesellschaft macht Schadensersatzansprüche wegen mangelhafter Architektenleistungen geltend.
Die Klägerin führte in den Jahren 2000/2001 eine umfassende Sanierung und Modernisierung einer in den 1950er-Jahren für amerikanische Streitkräfte errichteten Wohnanlage in R durch. Unter anderem wurde ein weiteres Vollgeschoss mit einem Pultdach aus Titanzinkblech aufgesetzt. Bei dem Vorhaben beauftragte die Klägerin die "xyp Architekten/P xxxx X + yyyy Y" als Architekten mit sämtlichen Leistungsphasen (i.F. auch: Lph) des § 15 HOAI (bei Lph 3, 6, 7 u. 9 in reduziertem Umfang).
Die Wohnungseigentümergemeinschaft (i.F.: WEG), bestehend aus den Wohnungseigentümern der sanierten Wohnanlage, nahm die Klägerin im Jahr 2012 vor dem Landgericht Stuttgart auf Zahlung von Vorschuss zur Beseitigung von behaupteten Korrosionserscheinungen und Undichtigkeiten des Metall-Pultdachs der Wohnanlage sowie auf Erstattung von Sachverständigenkosten und außergerichtlichen Anwaltskosten in Anspruch (Az.: 22 O 100/12; Az. der Berufungsinstanz: 5 U 180/15). Die hiesigen Beklagten waren diesem Verfahren als Streithelfer auf Seiten der hiesigen Klägerin beigetreten. Mit nach Zurückweisung der dagegen gerichteten Berufung rechtskräftigem Urteil des Landgerichts vom 1. Oktober 2015 wurde die hiesige Klägerin u.a. zur Zahlung eines Vorschusses von 205.000,00 EUR nebst Zinsen verurteilt.
Die WEG führte Mangelbeseitigungsmaßnahmen durch, die sie mit Schr...