Leitsatz (amtlich)
1. Den Betreiber einer Skipiste trifft eine Pistensicherungspflicht. Er hat im Pistenbereich oder aber in deren Einzugsbereich befindliche Stützen und Lichtmasten durch Anbringung von aufpralldämpfendem Material zu sichern.
2. Einen Snowboardfahrer, der im Zuge eines "bach-side-turns" gegen einen Lichtmast gerät, trifft ein Mitverschulden. Er hat sein Fahrverhalten so einzurichten, dass er ständig auf Sicht fährt und sich auf Hindernisse einstellen und einen Sicherheitsabstand zu diesen einhalten kann. Ist er alkoholisiert (hier: zwischen 1,15 und 2,05 Promille), so beträgt der Mitverschuldensanteil 75 % auch dann, wenn nicht von einer Helmpflicht, gegen die er verstoßen hätte, ausgegangen wird.
Normenkette
BGB §§ 254, 823
Verfahrensgang
LG Rottweil (Aktenzeichen 3 O 340/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das Schlussurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Rottweil - Az. 3 O 340/08 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 837,52 nebst Jahreszinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6.12.2008 zu bezahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die weitergehende Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden der Klägerin auferlegt.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
6. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert der Berufung: bis 13.000 EUR.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt aus gem. § 116 SGB X übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers, Herrn F.L., anteiligen Ersatz für erbrachte Versicherungsleistungen und die Feststellung der zumindest hälftigen Ersatzpflicht des Beklagten für alle Schäden, die ihr als Kranken- und Pflegekasse aus einem Snowboardunfall vom 18.12.2005 entstehen werden.
1. Der am 2.3.1984 geborene Versicherungsnehmer der Klägerin hielt sich am Unfalltag zum Snowboardfahren auf einer vom Beklagten betriebenen Skipiste am R. in B. auf. Gegen 18.00 Uhr, also bei Dunkelheit, kollidierte er dort, aus Talsicht am linken Rand der Piste fahrend, bei der Ausführung eines sog. "Back-Side-Turns" mit der rückwärtigen Seite seines Snowboards mit einem Flutlichtmasten, der sich ca. 150 m oberhalb der Talstation am Pistenrand befand. Durch den Anstoß wurde er nach hinten geschleudert und prallte mit dem rechten Hinterkopf gegen einen scharfkantigen Eisenträger des Flutlichtmastens. Eine Polsterung bzw. ein Auffahrschutz war am Flutlichtmasten nicht angebracht, weshalb sich F.L., der ohne Sturzhelm fuhr, erhebliche Kopfverletzungen zuzog. Eine Blutuntersuchung, die im Anschluss an den Unfall durchgeführt wurde, ergab, dass er in erheblichem Maße alkoholisiert war. Der im Strafverfahren zugezogene gerichtliche Sachverständige ermittelte für den Zeitpunkt des Unfalles einen Blutalkoholgehalt zwischen 1,15 und 2,4 Promille. Der Sachverständige führte außerdem aus, dass eine Polsterung des Flutlichtmastes und/oder das Tragen eines Sturzhelms die schweren Kopfverletzungen des Versicherungsnehmers der Klägerin hätten verhindern oder jedenfalls mindern können.
Die Klägerin leistete als gesetzliche Krankenversicherung von F.L. für Bergung, Krankenhausaufenthalt, Krankentagegeld und Rehabilitierungsmaßnahmen bislang Zahlungen i.H.v. EUR 43.745,50. Weitere Behandlungskosten sind zu erwarten.
Mit Schreiben vom 19.8.2007 forderte die Klägerin den Beklagten unter Berücksichtigung eines Mitverschuldensanteils ihres Versicherungsnehmers von 25 % zur Zahlung von EUR 32.809,13, entsprechend 75 % ihrer Aufwendungen auf. Der Haftpflichtversicherer des Beklagten zahlte daraufhin einen Betrag von EUR 10.936,38, entsprechend 25 % der angefallenen Kosten. Mit Schreiben vom 21.12.2007 forderte die Klägerin den Haftpflichtversicherer des Beklagten erneut zur Zahlung weiterer 50 % ihrer Aufwendungen auf.
In dem Schreiben heißt es:
"Bislang sind unserer Mandantin wegen des Unfalls Aufwendungen i.H.v. EUR 43.745,50 entstanden, worauf Sie erst eine Quote von 25 % vorbehaltlos anerkannt haben. Unsere Mandantin hat zutreffend eine Haftungsquote von 75 % zu Lasten Ihres Versicherungsnehmers angesetzt ..."
Der Haftpflichtversicherer der Beklagten teilte in seinem Antwortschreiben vom 7.1.2008 (Anl. K 5, Bl. 45 d.A.) mit, "dass wir die Haftungsquote gerne gerichtlich klären lassen möchten".
2. Mit Klageschrift vom 13.11.2008 hat die Klägerin Klage mit dem Ziel der Feststellung der Haftung des Beklagten zu zwei Dritteln und der Verurteilung zu weiteren Zahlungen entsprechend dieser Haftungsquote erhoben. Der Beklagte hat zum Feststellungsantrag eine Haftung von einem Viertel anerkannt, worauf das LG am 30.12.2008 ein entsprechendes Anerkenntnis-Teil-Urteil (Bl. 37/38 d.A.) erlassen hat.
3. Die Klägerin hat vorgetragen, dem Beklagten sei als Pistenbetreiber bekannt gewesen, dass insbesondere jüngere Snowboardfahrer den Pistenrand be...