Entscheidungsstichwort (Thema)

Elterliche Sorge. Trennung. Scheidung. Bestandskraft. Elternautonomie

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Entscheidung gemäß § 1672 BGB a.F., hat auch nach dem 1. Juli 1998 keine über die Scheidung hinausreichende Bestand kraft. Dies ergibt sieh auch aus der Systematik der Neuregelung, deren Zweck es war, die Elternautonomie zu bekräftigen. Dem würde es widersprechen, wenn in einem zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossenen Scheidungsverfahren, einem Elternteil, der an der gemeinsamen elterlichen Sorge festhalten will, die Wirkungen des neuen Rechts wegen einer Norm vorenthalten würden, deren Zweck es nicht war, die Verhältnisse nach der Scheidung zu regeln. Daher ist der (aufgehobenen) Norm des § 1672 BGB a.F., eine bis dahin nicht gehabte Schwellenwirkung nicht beizulegen.

 

Normenkette

GG Art. 6; BGB §§ 1671, 1672 a.F., § 1696

 

Verfahrensgang

AG Pirmasens (Beschluss vom 04.02.1999; Aktenzeichen 2 F 249/98)

AG Pirmasens (Beschluss vom 12.03.1998)

 

Tenor

1. Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Antrag auf Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Pirmasens vom 12. März 1998 – 2 F 1/98 – unzulässig ist.

Die elterliche Sorge wird von beiden Elternteilen gemeinsam ausgeübt.

2. Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.500 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Eltern der betroffenen Kinder waren seit 4. Mai 1990 miteinander verheiratet. Sie lebten seit 11. April 1997 voneinander getrennt und sind seit 3. November 1998 geschieden. Aus der Ehe gingen nur die beiden betroffenen Kinder hervor. Diese leben seit der Trennung bei der Antragsgegnerin. Auf Antrag gemäß § 1672 BGB a.F. und mit dem auf die Zeit bis zur Scheidung beschränkten Einverständnis des Antragstellers, der zunächst die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten wollte, wurde dieser durch Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Pirmasens vom 12. März 1998 – 2 F 1/98 – die elterliche Sorge übertragen. Die Kinder waren damals nicht angehört worden. Der Antragsteller übt seither ein Umgangsrecht mit den Kindern aus.

Im Ehescheidungsverbundverfahren ist die Folgesache elterliche Sorge vor dem 1. Juli 1998 anhängig geworden. Die Antragsgegnerin hat zunächst beantragt, ihr die elterliche Sorge allein zu übertragen, diesen Antrag dann aber nicht mehr betrieben.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Pirmasens vom 12. März 1998 – 2 F 1/98 – abzuändern und die elterliche für die beiden betroffenen Kinder beiden Elternteilen zu übertragen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Pirmasens hat die beiden Eltern und das Jugendamt angehört. Auf Antrag des Antragstellers hat es das Verfahren über die elterliche Sorge abgetrennt und gemäß § 623 Abs. 2 Satz 2 und 4 ZPO als selbständiges Verfahren fortgeführt. Durch Beschluß vom 4. Februar 1999 hat es sodann den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Die gemäß § 1672 BGB a.F. getroffene Regelung der elterlichen Sorge wirke nach Scheidung fort, weil es seit 1. Juli 1998 nur vorübergehend für die Dauer des Getrenntlebens gültige Regelungen nicht mehr gebe. Eine Abänderung könne nur gemäß § 1696 BGB getroffen werden. Hier fehle es aber an triftigen Gründen für eine Änderung. Auf diesen Beschluß wird Bezug genommen.

Gegen diesen ihm von Amts wegen am 9. Februar 1999 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller am 9. März 1999 die befristete Beschwerde eingelegt und das Rechtsmittel am 8. April 1999 begründet. Der Antragsteller verfolgt sein erstinstanzliche Abänderungsbegehren fort. Die Antragsgegnerin tritt dem entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze, Protokolle und die anderen Unterlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß §§ 621 e, 629 a ZPO zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist mit der aus dem Tenor ersichtlichen Maßgabe zurückzuweisen.

1. Der Antrag, den Beschluß vom 12. März 1998 abzuändern, ist unzulässig.

a) Nach Abtrennung des Verfahrens über die elterliche Sorge und Fortführung als selbständige Familiensache ist dieses gemäß § 623 Abs. 2 Satz 4 ZPO keine Folgesache zur Ehesache mehr (vgl. FamRefK-Hoffmann, § 623 ZPO, Rdn. 22). Daher kann auch über die sachliche Beschränkung gemäß § 623 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO hinaus ein anderer Antrag als ein solcher nach § 1671 Abs. 1 BGB gestellt werden.

b) Der Antrag richtet sich aber gegen eine Endentscheidung, die nicht mehr wirksam ist, sondern sich durch die Scheidung erledigt hat. Ein Abänderungsbegehren kann sich aber nur gegen eine noch wirksame Regelung richten.

Eine gemäß § 1672 BGB a.F. nach Trennung der Eltern getroffene Regelung über die elterliche Sorge kann nach der Scheidung der Ehe nicht mehr geändert werden.

Soll es für die Zeit nach der Scheidung nicht bei der gemeinsamen elterlichen Sorge verbleiben, ist gemäß § 1671 Abs. 1 BGB ...

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