Leitsatz (amtlich)
Zum Zulassen des Führens eines Kraftfahrzeugs ohne Fahrerlaubnis durch einen angestellten Autoverkäufer.
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 10.03.2020; Aktenzeichen 4 Ns 5088 Js 16338/18) |
Tenor
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil der 4. Kleinen Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. März 2020 mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Sachverhalt aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) zurückverwiesen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 30,-- EUR verurteilt, nachdem der Angeklagte durch das Amtsgericht in erster Instanz freigesprochen worden war. Gegen die Verurteilung durch das Berufungsgericht wendet sich der Angeklagte mit seiner allein auf die Sachrüge gestützten Revision. Das statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsmittel ist begründet und führt zu einem vorläufigen Erfolg.
I.
Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
"Der Angeklagte war als Verkäufer bei ... angestellt. In dieser Funktion war er berechtigt, in eigener Verantwortung selbständig Fahrzeuge seines Arbeitgebers an Kunden für Probefahrten zu überlassen. So überließ er dem gesondert verfolgten M. K. in den folgenden Fällen Fahrzeuge zur Probefahrt:
1. Am 07.12.2017 überließ er K. das Kfz ...mit dem amtlichen Kennzeichen ... Dieser legte hiermit insgesamt 229 Kilometer im öffentlichen Straßenverkehr zurück.
2. Am 19.01.2018 überließ er K. das Kfz ..., amtliches Kennzeichen ..., mit welchem dieser insgesamt 408 Kilometer im öffentlichen Straßenverkehr zurücklegte.
Der gesondert verfolgte M. K. verfügte bei beiden Probefahrten nicht über die zum Führen der Kraftfahrzeuge erforderliche Fahrerlaubnis. Dies nahm der Angeklagte jeweils bei Überlassen der Fahrzeuge zumindest billigend in Kauf."
Das Landgericht ist - insoweit ohne Rechtsfehler - zu Überzeugung gelangt, dass K. dem Angeklagten vor den Probefahrten kein Führerscheindokument in physischer Form (Originalführerschein oder Falsifikat) vorlegte. Weiterhin hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass in dem ... für alle Kunden die Vorlage des Führerscheins vor jeder Probefahrt vorgeschrieben war, die Einhaltung dieser Anordnung kontrolliert wurde und Verstöße gegen diese Übung zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen, im Wiederholungsfall bis hin zur Kündigung führen konnten. Daraus leitet das Landgericht die Annahme eines bedingten Tatvorsatzes aufgrund folgender Überlegungen ab: Der Angeklagte habe selbst angegeben, dass er sich auch bei Stammkunden vor jeder Probefahrt ein Führerscheindokument im Original vorlegen lasse, da nur so sichergestellt werden könne, dass der Kunde nicht zwischenzeitlich die Fahrerlaubnis verloren oder ein Fahrverbot erhalten habe. Deshalb habe er das Risiko, dass K. keine Fahrerlaubnis haben könnte, erkannt. Auch seien dem Angeklagten sowohl die internen Vorschriften des ... als auch deren Bedeutung und die gesetzlichen Grundlagen bekannt gewesen. Wenn er sich darüber hinwegsetze, zeige dies, dass er es billigend in Kauf genommen habe, dem K. die Probefahrten auch ohne gültige Fahrerlaubnis zu ermöglichen. Das Motiv für dieses Verhalten sei gewesen, dass der unter enormem Verkaufsdruck stehende Angeklagte dem K. ein Fahrzeug verkaufen und die dafür entfallende Provision verdienen wollte. Schließlich sei der K. dem Angeklagten auch keineswegs unbekannt gewesen.
II.
Die getroffenen Feststellungen vermögen den Schuldspruch wegen einer vorsätzlich begangenen Tat des Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis nicht zu tragen.
1.
Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen die Annahme, dass der Angeklagte den fahrlässigen Tatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 1 StVG erfüllt hat. Danach steht fest, dass der Angeklagte zu den genannten Zeitpunkten dem gesondert verfolgten K. jeweils ein stark motorisiertes Kfz überließ, deren Halter sein Arbeitgeber, das ... war, dessen Geschäftsführer, der Zeuge S., wiederum den Angeklagten ermächtigt hatte im Rahmen der internen Regelungen selbständig Fahrzeuge für Probefahrten an Kunden zu überlassen. Der K., der keine gültige Fahrerlaubnis besaß, fuhr mit diesen Fahrzeugen auch eine nicht unerhebliche Strecke im öffentlichen Straßenverkehr. Weiter steht fest, dass der Angeklagte entgegen der ihm bekannten internen Anweisungen seines Arbeitgebers bei der Überlassung der Fahrzeuge keine Kopie von Vorder- und Rückseite eines körperlich vorgelegten Führerscheins anfertigte, sondern sich mit dem Abspeichern einer Fotodatei von der Vorderseite des zwischenzeitlich eingezogenen Führerscheins des K. begnügte.
Dass das Landgericht dabei den Angeklagten gem. § 14 Abs. 2 Satz 2 StGB für die Verfügungsgewalt über die Fahrzeuge des ... im Rahmen von Probefahrten als ausdrücklich Beauftragten angesehen...