Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsgebühr bei Gesamteinigung über mehrere Rechtsstreitigkeiten
Leitsatz (amtlich)
Die Sperre des § 13 RVG Nr. 1003 RVG-VV tritt ein, wenn in einem gerichtlichen Vergleich auch seine Einigung über ein anderweitig anhängiges, gerichtliches Verfahren getroffen wird.
Normenkette
RVG § 13 Nr. 1003 RVG-VV; RVG-VV
Verfahrensgang
LG Kaiserslautern (Beschluss vom 23.08.2006; Aktenzeichen HK O 35/06) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des LG Kaiserslautern vom 23.8.2006 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an die Rechtspflegerin zurückverwiesen.
II. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis zu 200 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers führt zu einem vorläufigen Erfolg.
Der Auffassung der Rechtspflegerin, dass der Verfügungskläger für den in der mündlichen Verhandlung vor dem Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen des LG Kaiserslautern am 11.7.2006 abgeschlossenen Vergleich aus einem Streitwert von 10.000 EUR eine 1,0-Einigungsgebühr nach § 13 RVG Nr. 1003 RVG-VV verlangen könne, kann nicht beigetreten werden.
Zutreffend ist die Rechtspflegerin allerdings davon ausgegangen, dass sich die Gebühren des Verfügungsklägers nach § 13 RVG Nr. 1003 bemisst. Die Gebührenvorschrift setzt die 1,5-Gebühr nach § 13 RVG Nr. 1000 RVG-VV herab, wenn eine Einigung über einen Gegenstand herbeigeführt wird, welcher bereits in einem gerichtlichen Verfahren anhängig ist (allg. Meinung vgl. Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 17. Aufl., Nr. 1003 RVG-VV Rz. 1; Riedel/Sußbauer/Fraunholz, RVG, 9. Aufl., RVG-VV Teil 1 Rz. 10; Bischof/Jungbauer/Podlech/Trappmann, RVG, S. 450). Sind - wie hier - in einer Gesamteinigung neben dem anhängigen Gegenstand auch nicht anhängige Gegenstände geregelt, hat die Ermäßigung der Einigungsgebühr nach § 13 RVG Nr. 1003 RVG-VV zwar grundsätzlich keine Wirkung auf die nicht anhängigen Gegenstände. Vorliegend ist aber die Besonderheit, dass die Parteien in Nr. 6 des Vergleichs über den vorliegenden Rechtsstreit hinaus eine Einigung über einen weiteren Rechtsstreit, nämlich das vor dem AG Lüneburg anhängige Verfahren 50 C 296/06 getroffen haben. Die Sperre des § 13 RVG Nr. 1003 RVG-VV tritt in solchen Fällen auch dann ein, wenn eine Einigung über ein anderes anhängiges gerichtliches Verfahren getroffen wird (Bischof/Jungbauer/Podlech/Trappmann, RVG, S. 450; Mayer, HK-RVG, 2. Aufl., Nr. 1003 RVG-VV Rz. 3). Der Verfügungskläger kann deshalb auch für dieses Verfahren nur die ermäßigte 1,0-Gebühr nach § 13 RVG Nr. 1003 RVG-VV verlangen.
Die Gebühr errechnet sich nach § 15 Abs. 3 RVG aus den Teilen der beiden Gegenstände (Gerold/Schmidt/Madert, RVG, 17. Aufl., Nr. 1003 RVG-VV Rz. 13; Mayer, HK-RVG, 2. Aufl., Nr. 1003 RVG-VV Rz. 12).
Ein Streitwert jedoch ist bislang vom Gericht nicht festgesetzt worden, sodass eine Kostenfestsetzung derzeit noch nicht erfolgen kann. Eine Streitwertfestsetzung kann insb. nicht in der von den Parteien in dem Prozessvergleich enthaltenen Erklärung gesehen werden, dass der Streitwert für das Verfahren 10.000 EUR betragen möge.
Das Verfahren ist deshalb nach § 572 Abs. 3 ZPO zur Nachholung einer Streitwertfestsetzung (auch für den Vergleich) und der sich daran anschließenden Kostenfestsetzung an das LG zurückzuverweisen (§ 572 Abs. 3 ZPO).
Fundstellen
JurBüro 2007, 78 |
AGS 2007, 609 |
RVGreport 2007, 385 |
OLGR-West 2007, 147 |
www.judicialis.de 2006 |