Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindesunterhalt: Anspruch des volljährigen Kindes auf Prozesskostenvorschuss. Kindesunterhalt
Leitsatz (amtlich)
Ein volljähriges Kind hat ggü. seinen zum Barunterhalt verpflichteten Eltern Anspruch auf Prozesskostenvorschuss, solange es noch keine von den Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt hat, sich also noch in einer Berufsausbildung befindet.
Normenkette
ZPO § 114; BGB § 1610
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Beschluss vom 05.07.2004; Aktenzeichen 5b F 470/03) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Die am 24.3.1982 geborene Klägerin verlangt vom Beklagten, ihrem Vater, Unterhalt seit September 2002. Sie befindet sich seit diesem Zeitpunkt in einer Ausbildung zur Goldschmiedin. Zuvor - nach Ableistung des Abiturs im Sommer 2001 - begonnene Studien (Bauingenieurwesen und deutsche Philologie) hatte sie jeweils bereits kurze Zeit nach Studienaufnahme abgebrochen.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das FamG der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe zur Geltendmachung ihres Unterhaltsanspruchs ggü. dem Beklagten (erneut) verweigert, da nicht ausgeschlossen werden könne, dass der Klägerin ggü. ihren Eltern im Verhältnis zur Prozesskostenhilfe vorrangige Prozesskostenvorschussansprüche zustünden.
Mit ihrer hiergegen erhobenen sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe. Eine Prozesskostenvorschusspflicht von Eltern ggü. ihren volljährigen Kindern bestehe nicht. Darüber hinaus sei jedenfalls ihre Mutter für Prozesskostenvorschuss nicht leistungsfähig. Auch der Beklagte selbst berufe sich auf fehlende Leistungsfähigkeit.
II. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ist verfahrensrechtich bedenkenfrei, insb. form- und fristgerecht eingelegt (§§ 127 Abs. 2 Abs. 3, 569 Abs. 2 ZPO). Der Senat entscheidet hierüber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gem. § 568 S. 2 ZPO in seiner im Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung.
In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg.
1. Die formell rechtskräftige Abweisung des Prozesskostenhilfegesuchs durch Beschluss des FamG vom 18.12.2003 i.V.m. der Beschwerdeentscheidung des Senats vom 10.3.2004 (OLG Zweibrücken v. 10.3.2004 - 2 WF 42/04) steht der erneuten Geltendmachung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen, da Prozesskostenhilfe versagende Beschlüsse auch nach der Neufassung des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO nicht in materielle Rechtskraft erwachsen (st. Rspr. des Senats; nunmehr auch BGH v. 3.3.2004 - IV ZB 43/03, BGHReport 2004, 842 = MDR 2004, 961 = FamRZ 2004, 940).
2. Das FamG hat der Klägerin die nachgesuchte Prozesskostenhilfe allerdings erneut mit Recht verweigert, weil die Klägerin ihre Bedürftigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht hat.
Bedürftig im Sinne des Prozesskostenhilferechts ist nur, wer nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (§ 114 Abs. 1 ZPO). Eine Partei hat für die Prozesskosten auch ihr Vermögen einzusetzen (§ 115 Abs. 2 S. 1 ZPO). Hierzu gehört nach einhelliger Auffassung - auch des Senats - auch ein Prozesskostenvorschussanspruch.
Hier kommt nach zutreffender Auffassung des FamG ein Prozesskostenvorschussanspruch der Klägerin ggü. beiden Eltern in Betracht.
a) Die Volljährigkeit der Klägerin steht einem solchen Anspruch nicht entgegen. Der Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ist nach der Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH, Beschl. v. 4.8.2004 - XII ZA 6/04) unterhaltsrechtlicher Natur. Er ist vom gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst (§ 1610 Abs. 2 BGB), für den die Eltern - entsprechend ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit, §§ 1606 Abs. 3 S. 1, 1603 Abs. 1 BGB - aufzukommen haben. Nach dem Rechtsgedanken des § 1610 Abs. 2 BGB, der nicht zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern unterscheidet, besteht ein Prozesskostenvorschussanspruch volljähriger Kinder ggü. ihren Eltern jedenfalls dann, wenn diese noch keine von den Eltern unabhängige Lebensstellung erlangt haben, sich also - wie hier die Klägerin - noch in einer Berufsausbildung befinden (st. Rspr. des Senats und überwiegende obergerichtliche Rspr. - vgl. hierzu Zöller/Philippi, ZPO, 24. Aufl., § 115 Rz. 67c; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 7. Aufl., Rz. 397, jeweils m.w.N.).
b) Eine Verweisung der Klägerin auf den ggü. der Prozesskostenhilfe vorrangigen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss ggü. ihren unterhaltspflichtigen Eltern ist auch nicht unbillig.
Dabei sind insb. die persönlichen Beziehungen und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin einerseits sowie ihrer Eltern andererseits zu berücksichtigen. Die Klägerin ist nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, die Prozesskosten selbst zu trag...