Normenkette
BGB § 253 Abs. 2, § 823 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 11 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10.01.2020, Az. 4 O 494/15, in den Ziffern 1. und 2. abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte zu einem weiteren Schmerzensgeld von mehr als ... EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.11.2018 sowie zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von mehr als ... EUR in der Zeit vom 04.09.2015 bis 22.06.2016 und aus einem Betrag von mehr als ... EUR in der Zeit vom 23.06.2016 bis 14.11.2018 verurteilt worden ist.
2. Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben die Beklagte 93% und der Kläger 7% zu tragen. Die Kosten des zweiten Rechtszuges hat die Beklagte zu 79% und der Kläger zu 21% zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger wurde bei einem Verkehrsunfall am ... morgens gegen 04.40 Uhr auf der ... in Fahrtrichtung ... als Beifahrer eines PKW schwer verletzt und ist seither ab einer Handbreit unter der Brust querschnittsgelähmt. Er begehrt Schmerzensgeld und will die Einstandspflicht der Beklagten für weitere materielle wie immaterielle Schäden festgestellt wissen.
Fahrer des Fahrzeugs war der Zeuge ...; das Fahrzeug war bei der Beklagten haftpflichtversichert. Der Zeuge ... kam in einer Rechtskurve von der Straße ab und kollidierte mit einem Sandstein und einer Laterne. Eine bei ihm um 06.10 Uhr durchgeführte Blutalkoholentnahme ergab eine Blutalkoholkonzentration von 1,04o/oo. Der den Unfall aufnehmende Polizeibeamte stellte einen intensiven Alkoholgeruch in der Atemluft des Zeugen ... fest. Vor dem Unfallereignis hatten sich der Kläger, der Zeuge ... und weitere Beteiligte in ...in der Wohnung des Zeugen ... getroffen, um gemeinsam eine BigFM - Party in dem gleich neben der Wohnung gelegenen Billardcafé zu besuchen, wobei der Verlauf des Abends im Einzelnen zwischen den Parteien streitig ist. Der Zeuge ... ist mit Urteil des Amtsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 20.02.2013 wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs zu einer Jugendstrafe von 1 Jahr 3 Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt worden ist.
Infolge des Unfalls erlitt der Kläger im Wesentlichen eine Trümmerfraktur des 6. BWK mit sekundärer Rückenmarksschädigung mit einer sensomotorischen Querschnittslähmung unterhalb TH 5 / TH 6. Wegen der Unfallverletzungen im Einzelnen wird auf das von den Parteien eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. ... vom 25.05.2018 (Bl. 264 ff. d.A.) Bezug genommen. Darüber hinaus leidet er aufgrund des Unfallgeschehens auch unter psychischen Problemen. Er befand sich wegen einer rezidivierenden depressiven Störung und einer Anpassungsstörung nach akut aufgetretener Aggressivität und Suizidalität in der Zeit vom 26.08.2018 bis 28.09.2018 in stationärer psychiatrischer Behandlung in der ... Klinik . in . Wegen der Einzelheiten wird auf den Befundbericht der behandelnden Ärztin Dr. ... vom 29.10.2018 (Bl. 341 ff. d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte hat auf das Schmerzensgeld vorgerichtlich Vorschüsse in Höhe von insgesamt ... EUR gezahlt und - während des Rechtsstreits in 1. Instanz - am 21.06.2016 und 13.11.2018 jeweils weitere ... EUR. Hinsichtlich der Schmerzensgeldzahlungen vom 21.06.2016 und vom 13.11.2018 über zusammen ... EUR haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die grundsätzliche Einstandspflicht der Beklagten steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Der Kläger hält - eingedenk der Schwere der Verletzungen und des vom ihm als verzögernd empfundenen Regulierungsverhaltens der Beklagten - ein Schmerzensgeld in Höhe von .... EUR für angemessen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab dem 04.09.2015 zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden aus Anlass des Verkehrsunfalls vom ... zu ersetzen, soweit kein Leistungsübergang auf Drittleistungsträger erfolgt ist.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat erstinstanzlich Mitverschuldenseinwände erhoben und behauptet, der Kläger sei zum einen nicht angeschnallt gewesen, und zum anderen habe er Kenntnis davon gehabt, dass der Zeuge ... in erheblichem Maß alkoholische Getränke zu sich genommen...