Leitsatz (amtlich)
Ist der Ablauf der Verjährungsfrist wegen eines deliktischen Schadensersatzanspruchs durch vor dem 1.1.2002 erfolgte Verhandlungen und Teilzahlungen der hinter dem Schädiger stehenden Haftpflichtversicherung zugleich gehemmt und unterbrochen worden, läuft die neue Verjährungsfrist erst vom Ende der Verjährung an. Daran hat sich durch das Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nichts geändert.
Normenkette
BGB a.F. § 852 Abs. 2; BGB n.F. § 203; BGB § 212 Abs. 1; EGBGB Art. 229 § 6
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Aktenzeichen 4 O 325/05) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) aufgehoben.
II. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
III. Das Verfahren wird zur Entscheidung über die Höhe und auch über die Kosten des Berufungsverfahrens an das LG zurückverwiesen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien sind Grundstücksnachbarn. Auf den Grundstücken der Klägerin (FlStNr. ... und ...) in der B. in L. steht ein Einfamiliehaus mit Nebengebäuden sowie ein Gartenhäuschen. Im Jahre 2000 errichtete der Beklagte auf seinem dazwischen liegenden Grundstück B. (FlStNr. ...) ein Mehrfamilienhaus, das er- in baurechtlich genehmigter Weise - an das vorhandene Einfamilienhaus der Klägerin anbaute. Das Haus des Beklagten überragt nunmehr das Haus der Klägerin. Im Zuge der Bauarbeiten riss der Beklagte eine hälftig auf seinem Grundstück (FlStNr. ...) und dem Grundstück (FlStNr. ...) der Klägerin stehende Trennwand und die Außenwand des Gartenhäuschens der Klägerin ab, die allein auf dem Grundstück FlStNr. ... der Klägerin stand.
Die Klägerin machte noch im selben Jahr schriftlich ggü. dem Beklagten Schadensersatzansprüche geltend. Während die hinter dem Beklagten stehende Haftpflichtversicherung eine Prüfung der Ansprüche der Klägerin zusagte, wies der Beklagte durch Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 5.1.2001 sämtliche Forderungen zurück. In der Folgezeit kam es zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu einem umfangreichen Schriftwechsel. Die Versicherung des Beklagten bezahlte am 9.3.2001 1.199,94 EUR (2.346,87 DM) und am 27.11.2001 weitere 1.849,49 EUR. Am 6.1.2004 wandte sich die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten erneut an die Haftpflichtversicherung des Beklagten und machte weitere Ansprüche geltend, woraufhin die Haftpflichtversicherung eine Prüfung zusagte. Mit Schreiben vom 30.1.2004 teilte sie mit, keine Zahlungen mehr leisten zu wollen.
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten unter Berücksichtigung der von seiner Haftpflichtversicherung geleisteten Zahlungen die Bezahlung weiterer 7.499,09 EUR nebst Zinsen.
Durch das angefochtene Urteil, auf das zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen wird, hat die Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des LG Frankenthal (Pfalz) die Klage wegen Verjährung abgewiesen.
Mit ihrer Berufung bekämpft die Klägerin das Urteil in vollem Umfang. Sie rügt die Rechtsauffassung der Einzelrichterin.
Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an sie 7.499,09 EUR nebst 5 %-Punkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit 16.12.2001 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt die Entscheidung des LG unter Vertiefung seines dortigen Vorbringens.
Auf die gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung der Klägerin führt zu einem vorläufigen Erfolg. Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ist nicht verjährt. Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt, weshalb der Senat durch Grundurteil über den Anspruch der Klägerin entscheidet und die Sache nach § 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO auf Antrag der Klägerin zur Entscheidung über die Höhe an das LG zurückverweist, weil insoweit noch eine aufwendige Beweisaufnahme notwendig sein wird.
1. Die Einzelrichterin hat angenommen, dass sich der Anspruch der Klägerin "aus dem NachbarG Rheinland-Pfalz" oder aus § 823 BGB ergäbe. Das trifft zu.
Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen des Abrisses einer hälftig auf beiden Grundstücken der Parteien stehenden Mauer, sowie der Abtragung der allein auf ihrem Grundstück stehenden Rückwand ihres Gartenhäuschens.
Die hälftig auf beiden Grundstücken stehende Wand war eine Nachbarwand i.S.v. § 3 des rheinland-pfälzischen NachbarG (LNRG). Eine Nachbarwand im Sinne der Vorschrift ist eine Wand, die auf der Grenze steht und die auf beiden Seiten der Grenze errichteten oder zu errichtenden Gebäuden als Abschlusswand, zur Unterstützung oder Versteifung dient (Hülbusch/Bauer/Schlieck LNRG § 3 Rz. 8). Die vom Beklagten abgerissene Mauer diente auf Seiten des Grundstücks der Klägerin als Auflager einer Überdachung des auf ihrem Grundstück befindlichen Lagerplatzes und als dessen Rückwand. Der Überdachung des Lagerplatz mit der Abschlusswand war s...