Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsatz der Gleichbehandlung. Kapitalanteil von Renten zum Einkommensbegriff des BAföG

 

Leitsatz (amtlich)

§ 21 Abs. 1 S. 5 BAfÖG begegnet auch nach Wegfall der Vermögensanrechnung der Eltern keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist zulässig und kein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, dass der Kapitalanteil von Renten im Einkommensbegriff des BAföG mit umfasst ist.

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 09.04.2003; Aktenzeichen 4 K 192/01)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 9. April 2003 – 4 K 192/01 – wird zurückgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des gerichtskostenfreien Antragsverfahrens trägt die Klägerin.

 

Gründe

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil, durch das ihre Klage auf Verpflichtung der Beklagten, ihr unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2001 und teilweiser Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 5.9.2001 Ausbildungsförderung unter Nichtanrechnung der über den Ertragsanteil hinausgehenden Renteneinkünfte für das Jahr 1998 auf das Einkommen des Vaters zu gewähren, abgewiesen wurde, ist nicht begründet.

Keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 5 VwGO ist gegeben.

Eine Frage von Grundsatzbedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, deren Klärung der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte, liegt hier nicht vor.

Eine Auswertung der Rechtsprechung insbesondere des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts ergibt, dass der in § 21 BAföG normierte eigenständige Einkommensbegriff und die hier gerügte Einbeziehung der Leibrenten, einschließlich der Unfallrenten mit dem Betrag, der nicht steuerlich als Ertragsanteil erfasst ist sowie der Versorgungsrenten in Absatz 1 Satz 5 der Bestimmung nicht zu beanstanden sind.

Die gesetzliche Regelung ist klar und unterliegt – entgegen der Auffassung der Klägerin – keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Blickwinkel des Art. 3 GG.

Zunächst ist die vom Gesetzgeber aus Praktikabilitätsgründen gewählte grundsätzliche Anlehnung an das Einkommenssteuerrecht hierzu BT-DS VI / 1975, S. 30 zu § 21 und BT-DS 9/ 603, S. 23 und damit die Anknüpfung an die positiven Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes (§ 2 Abs. 1 und 2 EStG), die aus dem Steuerbescheid ersichtlich sind, nicht zu beanstanden hierzu BVerfG, Beschluss vom 15.9.1986 – 1 BVR 363/86 –, FamRZ 1987, 901; BVerwG, Urteil vom 21.9.1989 – 5 C 28.87 –.

Aber auch die in § 21 Abs. 1 S. 5 BAföG abweichend vom Steuerrecht vorgenommene Erweiterung des Einkommensbegriffs auf die Teile von Leib- und Versorgungsrenten, die nicht bereits positive Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG sind, hier also des über den steuerlich erfassten Ertragsanteil hinausgehenden (Kapital)anteils, genügt, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen ausführlich und zutreffend ausgeführt hat, sowohl in der konkreten Ausgestaltung als auch bei vergleichender Betrachtung verfassungsrechtlichen Vorgaben und entspricht Sinn und Zweck sozialer Leistungsgesetze.

Der von der Klägerin ins Feld geführte allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) als Prüfungsmaßstab gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anderes behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die Anwendung dieses Grundsatzes verlangt den Vergleich von Lebenssachverhalten, die einander nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Merkmalen gleichen. Unter diesen Umständen ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Merkmalen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es ihm nur, dabei Art und Gewicht der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen hierzu BVerfG, Beschluss vom 2.2.1999 – 1 BvL 8/97 –, E 100, 195 = NJW 1999, 2357; Urteil vom 28.4.1992 – 1 BvL 51/86, 50/97 und 1 BvR 873/90, 761/91 – E 87, 1.

Bei der Gewährung von Sozialleistungen, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, hat der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang das Einkommen oder Vermögen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet wird. Typisierungen und Generalisierungen sind im Rahmen einer Massenverwaltung notwendig und im Grundsatz verfassungsrechtlich unbedenklich. Härten in Einzelfällen sind dabei unvermeidlich und daher hinzunehmen. Dies gilt auch für die Ermittlung förderungsrechtlich relevanten Einkommens hierzu BVerfG, Beschlüsse vom 2.2.1999 und vom 15.9.1986, jeweils a.a.O..

Dem Gesichtspunkt der Verwalt...

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