rechtskräftig
Normenkette
NÄG § 3 Abs. 1
Verfahrensgang
VG Arnsberg (Urteil vom 31.10.2008; Aktenzeichen 12 K 980/08) |
Tenor
Die in der Rechtsprechung des BVerwG (Urteil vom 24.4.1987 – 7 C 120.86 –, NJW 1988, 85) für die Namensänderung eines Pflegekindes entwickelten Grundsätze gelten auch mit Blick auf die Neuordnung des zivilrechtlichen Kindesnamensrechts durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) fort.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Änderung des Familiennamens ihres beigeladenen Sohnes. Der Beigeladene wurde im November 2000 als nichteheliches Kind der Klägerin geboren und erhielt deren Familiennamen. Seit März 2001 lebt er unter der Vormundschaft des Jugendamts in einer Pflegefamilie. Das Jugendamt beantragte im Juni 2007 mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung die Änderung des Familiennamens des Beigeladenen in den Familiennamen seiner Pflegeeltern. Nachdem der städtische Pflegekinderdienst die Namensänderung befürwortet und die Pflegeeltern ihr Einverständnis erklärt hatten, gab die Beklagte dem Antrag statt. Die hiergegen gerichtete Klage der Klägerin blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Das VG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen vom 5.1.1938 (RGBl. I S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.12.2008 (BGBl. I S. 2586) – Namensänderungsgesetz (NÄG) – getroffene Entscheidung der Beklagten über die Änderung des Familiennamens des Beigeladenen ist nicht zu beanstanden; sie verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach § 3 Abs. 1 NÄG darf ein Familienname durch Entscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt.
Ein die Namensänderung rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden Umstände ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt. Das schutzwürdige Interesse dessen, der die Namensänderung erstrebt, muss die schutzwürdigen Interessen Dritter überwiegen und Vorrang haben gegenüber den in den gesetzlichen Bestimmungen zum Ausdruck kommenden Grundsätzen der Namensführung. Unter welchen Umständen ein wichtiger Grund vorliegt, kann nicht allgemeingültig formuliert werden. Erst unter Berücksichtigung typischer Fallgruppen lässt sich das dargelegte Normverständnis konkretisieren.
Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 20.2.2002 – 6 C 18.01 –, juris, Rdnr. 42 (= BVerwGE 116, 28); Beschluss vom 17.5.2001 – 6 B 23.01 –, juris, Rdnr. 5 f. (= Buchholz 402.10 § 3 NÄG Nr. 76).
Ausgehend davon ist in den Fällen eines in Dauerpflege aufwachsenden und unter pflegeelterlicher Vormundschaft stehenden Kindes, dessen Familienname in den Familiennamen der Pflegeeltern geändert werden soll, nach der Entscheidung des BVerwG vom 24.4.1987
– 7 C 120.86 –, juris, Rdnr. 13 (= NJW 1988, 85),
notwendig, aber auch ausreichend, dass die begehrte Namensänderung dem Wohl des Pflegekindes förderlich ist und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens nicht entgegenstehen.
Das für die Namensänderung eines Pflegekindes entwickelte Kriterium der Förderlichkeit gilt auch mit Blick auf die Neuordnung des zivilrechtlichen Kindesnamensrechts durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts vom 16.12.1997 (BGBl. I S. 2942) und nachfolgende Änderungsgesetze fort. Zwar hat der Gesetzgeber insoweit die Anforderungen an die sog. Einbenennung eines Kindes verschärft. Steht einem Elternteil – allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil – die elterliche Sorge zu, so kann er zusammen mit seinem Ehegatten, der nicht Elternteil des Kindes ist, dem Kind durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Ehenamen erteilen. Führt das Kind bisher den Namen des anderen Elternteils, bedarf es hierfür nach § 1618 Satz 3 BGB unabhängig davon, ob dieser sorgeberechtigt ist, dessen Einwilligung. Die Einwilligung kann durch das Familiengericht gemäß § 1618 Satz 4 BGB nur ersetzt werden, wenn die Namenserteilung zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Dieser – im Vergleich zur bloßen Förderlichkeit strengere – Maßstab der Erforderlichkeit findet jedoch über die bürgerlich-rechtlich nicht geregelten Fälle der Namensänderung sog. Scheidungshalbwaisen hinaus, in denen nach einer Scheidung der allein sorgeberechtigte Elternteil seinen vor der Ehe geführten Familiennamen wieder annimmt und nunmehr ohne Einwilligung des namensgebenden anderen Elternteils die Angleichung des Familiennamens des Kindes begehrt,
vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 20.2.2002 – 6 C 18.01 –, juris (= BVerwGE 116, 28),
auf die hier in Rede stehende Konstellation der Pflegekinder keine Anwendung.
So im Ausgangspunkt auch Bay. VGH, Urteil vom 7.3.2008 – 5 B 06.3062 –, juris, Rdnr. 19 f. (= BayVBl. 2009, 278); VG Münster, Beschluss vom 7.5.2008 – 1 K 1942/06 –, juris, Rdnr. 5 ff.; VG Aachen, Urteil vom 29.8....