Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz (SchwbG)

 

Verfahrensgang

VG Braunschweig (Urteil vom 14.05.1987; Aktenzeichen 4 VG A 284/86)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig – 4. Kammer – vom 14. Mai 1987 wird zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Klägerin.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar; die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 100,– DM abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladene vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die im Jahre 1940 geborene Beigeladene ist seit 1977 als Schweißerin bei der Klägerin beschäftigt. Die Beigeladene ist zu 50 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert; sie leidet an einer Herzkrankheit, Gebärmutterverlust, Halswirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom sowie Krampfadern.

Weil die Beigeladene seit 1977 häufig wegen Krankheit Arbeitstage versäumt habe (21 Tage im Jahre 1977 sowie zwischen 24 Tagen und 88 Tagen in den folgenden Jahren), bat die Klägerin im Februar 1984 den Beklagten, der ordentlichen Kündigung der Beigeladenen zuzustimmen.

Der Beklagte holte ärztliche Stellungnahmen ein, setzte das Verfahren im Einverständnis mit den Beteiligten zeitweilig aus und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Oktober 1985 ab; den Widerspruch wies er mit Bescheid vom 23. September 1986 zurück: Zur Begründung führte er aus: Die Fehlzeiten der Beigeladenen seien der Klägerin noch zuzumuten. Die Beigeladene habe auch aufgrund von Arbeitsunfällen und anderen Unfällen die Arbeit versäumt. Es sei nicht zu erwarten, daß die Beigeladene auch in demselben Umfang wie in der Vergangenheit in der Zukunft im Betrieb der Klägerin fehlen werde. Auch sei es dort nicht zu Störungen im Betriebsablauf gekommen. Bei der Interessenabwägung falle die soziale Lage der Beigeladenen entscheidend ins Gewicht und müsse letztlich für die Entscheidung den Ausschlag geben, obwohl die Beigeladene auch in den Jahren 1984, 1985 und 1986 an vielen Tagen die Arbeit versäumt habe.

Die Klage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht abgewiesen; es hat die Bescheide des Beklagten gebilligt.

Mit ihrer Berufung vom 14. Juli 1987 wendet sich die Klägerin gegen das ihr am 15. Juni 1987 zugestellte Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Mai 1987.

Sie macht geltend: Die Beigeladene habe in den vergangenen Jahren so häufig wegen Krankheit gefehlt, daß sie, die Klägerin, sie in ihrem Unternehmen „durchschleppen” müsse, das sei ihr nicht zuzumuten. Der Beklagte und das Verwaltungsgericht hätten bei ihrer Berechnung der Fehlzeiten zu Unrecht nicht die „Sollarbeitstage” den versäumten Arbeitstagen gegenübergestellt und hätten deshalb die „Abwesenheitsquote” unzutreffend ermittelt. Auch seit der Entscheidung des Beklagten habe die Beigeladene häufig gefehlt. Schließlich habe sich die Beigeladene zu Unrecht geweigert, einen „Schonarbeitsplatz” einzunehmen. Es dürfe auch nicht zu Ihren, der Klägerin, Lasten berücksichtigt werden, daß die Beigeladene auch wegen persönlicher Probleme die Arbeit versäumt habe.

Sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern, die Bescheide des Beklagten vom 24. Oktober 1985 und 23. September 1986 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zur Kündigung der Beigeladenen zu erteilen.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Bescheide und das Urteil des Verwaltungsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist nicht begründet.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtsfehlerfrei. Ihre Rechtmäßigkeit beurteilt sich nach § 15 des Schwerbehindertengesetzes in der Fassung vom 26. August 1986 (in Kraft getreten am 1. August 1986, BGBl I S. 1241). Diese Fassung (die allerdings mit der vorher geltenden Fassung des Schwerbehindertengesetzes – soweit hier von Interesse – inhaltsgleich ist) ist anzuwenden, weil der Widerspruchsbescheid nach Inkrafttreten des Schwerbehindertengesetzes 1986 erlassen worden ist. Der Senat muß im übrigen nicht im einzelnen darauf eingehen, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in Verfahren nach §§ 15 ff. SchwbG maßgebend ist (Erlaß des Widerspruchsbescheides; Zugang der Kündigung, die der Arbeitgeber nach Zustimmung der Hauptfürsorgestelle ausgesprochen hat), weil jedenfalls Änderungen der Sach- und Rechtslage, die bis zum Erlaß des Widerspruchsbescheides eingetreten sind, berücksichtigt werden müssen. Der Beklagte hat das ihm in § 15 SchwbG 1986 eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Dazu ist anzuführen:

Unter welchen Voraussetzungen die Behörde zur ordentlichen Kündigung eines Schwerbehinderten ihre Zustimmung erteilen kann, ist durch die Rec...

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