Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersetzung der Zustimmung. außerordentliche Kündigung. MfS-Tätigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB ist bei auf Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 EV gestützte Kündigungen zu beachten (a.M. BAG vom 11.06.1992 – 8 AZR 474/91 –, BAGE 70, 309).
2. Die nach § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG zu treffende Entscheidung umfaßt die Feststellung, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist.
Normenkette
BPersVG § 108 Abs. 1-2; BGB § 626 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Greifswald (Beschluss vom 18.03.1996) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Greifswald – Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes – vom 18.03.1996 geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt den Ersatz der von dem beteiligten Personalrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der beteiligten Angestellten.
Die 36jährige Beteiligte arbeitet seit April 1989 als angestellte Lehrkraft an einem Gymnasium. Sie ist seit Dezember 1993 Mitglied des Beteiligten. Im September 1994 ging dem Antragsteller ein Bericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zu, in dem es heißt, die Beteiligte sei als inoffizielle Mitarbeiterin für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig gewesen. Nach Anhörung der Beteiligten am 13.10.1994 ersuchte der Antragsteller mit Schreiben vom 24.10.1994 den Beteiligten um dessen Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten.
Am 25.11.1994 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet.
Im erstinstanzlichen Verfahren sind weitere Unterlagen des Bundesbeauftragten beigezogen worden. Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 18.03.1996 die Zustimmung des Beteiligten zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten ersetzt.
Gegen die ihnen am 02. bzw. 03.04.1996 zugestellte Entscheidung haben die Beteiligten jeweils am 02.05.1996 Beschwerde eingelegt und diese durch Schriftsätze vom 03. bzw. 14.06.1996 begründet.
Die Beteiligten beantragen,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Greifswald – Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes – vom 18.03.1996 zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf das Vorbringen der Beteiligten und die erstinstanzliche Entscheidung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerden sind zulässig. Sie sind fristgerecht eingelegt und innerhalb der (verlängerten) Begründungsfrist auch begründet worden. Sie haben in der Sache Erfolg. Der Antrag auf Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten ist als verspätet abzulehnen.
Für die rechtlichen Erwägungen ist auszugehen von § 108 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, wonach die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung bedarf. Verweigert die zuständige Personalvertretung ihre Zustimmung oder äußert sie sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (§ 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Die vorgenannten Regelungen gelten – wie sich aus der Kapitelüberschrift des Gesetzes ergibt – für die Länder unmittelbar.
Die nach § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG zu treffende Entscheidung umfaßt die Feststellung, ob die Frist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt ist. Innerhalb der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB muß der Dienststellenleiter nicht nur den Zustimmungsantrag beim Personalrat stellen, sondern bei Verweigerung der Zustimmung auch das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung beim Verwaltungsgericht einleiten (vgl. OVG NW, Beschl. v. 19.12.1983 – CL 19/82 –, PersV 1986, 476; VGH BW, Beschl. v. 28.11.1995 – PL 15 S 2169/94 –, zitiert nach JURIS; OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.07.1989 – 18 L 27/87 –, PersR 90, 342; Fischer/Goeres, GKÖD K § 47 Rdn. 15; Palandt, BGB, 52. Auflage, § 626 Rdn. 29; BAG – zu § 103 BetrVG – Beschl. v. 18.08.1977 – 2 ABR 19/77 –, NJW 1978, 661). Das verwaltungsgerichtliche Verfahren unterbricht den Ablauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB. Hat das Ersetzungsbegehren nach § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG keinen Erfolg, ist eine außerordentliche Kündigung endgültig ausgeschlossen. Denn eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung ist unwirksam, wenn sie ohne die nach § 108 Abs. 1 Satz 2 BPersVG erforderliche Zustimmung erfolgt (vgl. § 108 Abs. 2). Endet dagegen das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren mit der Ersetzung der Zustimmung, so ist die Kündigung unmittelbar danach auszusprechen.
Auch bei auf Anlage I Kap. XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr....