Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückverweisung. Bindungswirkung. Wahlbewerber. Kündigungsschutz. Ersatzmitglied. Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Bindungswirkung der Zurückverweisung gemäß §§ 87 Abs. 2 PersVG M-V, 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG, 565 Abs. 2 ZPO führt nicht dazu, daß das Oberverwaltungsgericht seiner Entscheidung einen falschen Sachverhalt zugrunde legen muß.
2. Der nachwirkende Kündigungsschutz für Wahlbewerber nach § 15 Abs. 3 Satz 2 KSchG macht die Zulässigkeit der Kündigung nicht von der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung abhängig.
3. Die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen im Sinne von § 39 Abs. 1 PersVG M-V ist nicht als Vertretung gemäß § 40 Abs. 4 Satz 1 PersVG M-V zu bewerten.
Normenkette
BPersVG § 108 Abs. 1; KSchG § 15 Abs. 2-3; PersVG M-V § 39 Abs. 1, § 40 Abs. 1, 4, § 87 Abs. 2; ZPO § 565 Abs. 2
Verfahrensgang
VG Greifswald (Beschluss vom 18.03.1996; Aktenzeichen 7 A 1916/94) |
Tenor
Auf die Beschwerden der Beteiligten wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Greifswald – Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes – vom 18.03.1996 geändert.
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt den Ersatz der von dem (zu 1.) beteiligten Bezirkspersonalrat verweigerten Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der (zu 2.) beteiligten Angestellten, die seit April 1989 als Lehrkraft an einem Gymnasium in R. arbeitet.
Im September 1994 ging dem Antragsteller ein Bericht des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR zu, wonach die Beteiligte zu 2. als inoffizielle Mitarbeiterin für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig gewesen sein soll. Nach Anhörung der Beteiligten zu 2. ersuchte der Antragsteller den Beteiligten zu 1. um dessen Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. Der Beteiligte zu 1. verweigerte die Zustimmung mit Schreiben vom 07.11.1994 und teilte zugleich mit, die Beteiligte zu 2. sei bei der Wahl am 20.12.1993 „als Nachfolgekandidatin” gewählt worden und seitdem folgendermaßen „in die Arbeit des Bezirkspersonalrats eingebunden:
Teilnahme an einer Plenums Sitzung der Fachgruppe Gymnasien am 28.03.1994
Teilnahme an zwei Schulungen für neugewählte Personalratsmitglieder am 16.03.1994 und 16.06.1994.”
Am 25.11.1994 hat der Antragsteller das verwaltungsgerichtliche Beschlußverfahren eingeleitet und vorgetragen, die Beteiligte zu 2. gehöre dem Beteiligten zu 1. seit dem 20.12.1993 an. Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluß vom 18.03.1996 die Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 2. ersetzt. In der Begründung heißt es, die beabsichtigte Kündigung sei nach Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 5 Ziffer 2 des Einigungsvertrages (im folgenden: Abs. 5 Ziffer 2 EV) gerechtfertigt. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hat der Senat durch Beschluß vom 02.04.1997 die erstinstanzliche Entscheidung geändert, den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, der Antragsteller habe die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten. Diese Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht durch Beschluß vom 30.04.1998 – 6 P 5.97 – aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen und dies im wesentlichen damit begründet, die Fristbestimmung des § 626 Abs. 2 BGB sei für außerordentliche Kündigungen nach Abs. 5 Ziff. 2 EV nicht anzuwenden. Außerdem heißt es in dem Beschluß, daß das Oberverwaltungsgericht die tatsächlichen Voraussetzungen für das Zustimmungserfordernis nach § 108 Abs. 1 BPersVG vorab zu klären habe.
Am 22.05.1997 fand eine erneute Wahl zum Beteiligten zu 1. statt. Die Beteiligte zu 2. wurde nicht gewählt. Daß sie als Ersatzmitglied herangezogen worden wäre, ist (trotz entsprechender gerichtlicher Antrage) nicht vorgetragen worden.
Infolge der Neuregelung der örtlichen Zuständigkeit der Schulämter durch die erste Verordnung zur Änderung der Schulaufsichtsverordnung vom 11.06.1998 (Mitt.Bl. KM M-V Seite 413) endete die Amtszeit des Beteiligten zu 1. mit Ablauf des 31.07.1998.
Am 24.09.1998 hat der Antragsteller der Beteiligten zu 2. gekündigt. Mit der dagegen erhobenen Kündigungsschutzklage, über die das Arbeitsgericht Rostock (4 Ca 603/98) noch nicht entschieden hat, macht die Beteiligte zu 2. u.a. geltend, sie sei Wahlbewerberin für die Wahl zum Bezirkspersonalrat der neugebildeten Dienststelle. Diese Wahl hat am 12.01.1999 stattgefunden; die Beteiligte zu 2. ist nicht gewählt worden.
Die Beteiligten beantragen,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Greifswald – Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes – vom 18.03.1996 zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen,
hilfsweise festzustellen, daß die Verweigerung der Zustimmung des Beteiligten zu 1. zur Kündigung der Beteiligten zu 2. rechtswidrig war...