Slawomir Lakomy, Jakub Müller-Judenau
Rz. 73
Wenn die Erbschaft mehreren Erben zufällt, entsteht eine Nachlassgütergemeinschaft. Auf diese Gemeinschaft und auf die Nachlassteilung finden die Vorschriften über das Miteigentum nach Bruchteilen entsprechende Anwendung. Gemäß Art. 1035 ZGB werden diese Vorschriften unter Berücksichtigung der Art. 1035–1046 ZGB angewendet.
Rz. 74
Ein Erbe kann mit Zustimmung der übrigen Erben über seinen Anteil an einem zum Nachlass gehörenden Gegenstand verfügen. Mangels Zustimmung eines der übrigen Erben ist die Verfügung insoweit unwirksam, als sie die diesem zustehenden Rechte aufgrund der Vorschriften über die Nachlassteilung beeinträchtigen würde (Art. 1036 ZGB). Daraus ist zu ersehen, dass der Gesetzgeber in diesem Fall als Sanktion nicht die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts vorgesehen hatte, sondern nur ihre Unwirksamkeit gegenüber dem geschädigten Miterben. Das zuständige Gericht, das sich mit der Erbteilung beschäftigt, kann den betroffenen Gegenstand so behandeln, als ob der Anteil daran dem Erben gehörte. Der Erwerber eines unwirksam erworbenen Anteils kann in diesem Fall nur eine Abfindung verlangen.
Rz. 75
Die Verfügung über einen Anteil an einem zum Nachlass gehörenden Gegenstand ist etwas anderes als die Veräußerung der ganzen Erbschaft oder eines Erbteils. Gemäß Art. 1051 ZGB kann ein Erbe, der die Erbschaft angenommen hat, diese ganz oder teilweise veräußern. In einem solchem Fall tritt der Erwerber des Nachlasses in die Rechte und Pflichten des Erben ein (Art. 1053 ZGB). Der zur Veräußerung eines Nachlasses verpflichtende Vertrag bedarf der notariellen Beurkundung. Das Gleiche gilt für einen Vertrag, durch den der Nachlass übereignet wird und der zum Zwecke der Vollziehung einer vorher bestehenden Verpflichtung zur Veräußerung des Nachlasses geschlossen worden ist (Art. 1052 § 3 ZGB).
Rz. 76
Der Erwerber des Nachlasses haftet für die Nachlassverbindlichkeiten im gleichen Umfang wie der Veräußerer (Art. 1055 § 1 ZGB). Der Erwerber und der Veräußerer haften den Gläubigern gegenüber gesamtschuldnerisch. Mangels abweichender Vereinbarung haftet der Erwerber dem Veräußerer gegenüber dafür, dass die Gläubiger von ihm nicht die Erfüllung von Leistungen zum Zwecke der Befriedigung von Nachlassverbindlichkeiten verlangen (Art. 1055 § 2 ZGB). Die Haftung des Erben ist in Art. 1056 ZGB geregelt. Der Erbe haftet bei Veräußerung des Nachlasses nicht für Sach- und Rechtsmängel einzelner zum Nachlass gehörender Gegenstände aufgrund von Gewährleistung.
Rz. 77
Artikel 1037 ZGB regelt, dass die Nachlassteilung durch Vertrag zwischen allen Erben oder durch eine gerichtliche Entscheidung auf Verlangen eines der Erben erfolgen kann. Gehört zum Nachlass ein Grundstück, bedarf der Nachlassteilungsvertrag der notariellen Beurkundung. Die gerichtliche Nachlassteilung muss den gesamten Nachlass umfassen. Aus wichtigen Gründen kann sie jedoch auf einen Teil des Nachlasses beschränkt werden (Art. 1038 § 1 ZGB). Die vertragliche Nachlassteilung kann den ganzen Nachlass umfassen oder auf einen Teil des Nachlasses beschränkt werden (Art. 1038 § 2 ZGB).