Gesetzestext
(1) Für Verbandsklagen ist dasjenige Oberlandesgericht sachlich und örtlich ausschließlich zuständig, in dessen Bezirk sich der allgemeine Gerichtsstand des Unternehmers, gegen den sich die Verbandsklage richtet, befindet.
(2) Regelungen in Rechtsakten der Europäischen Union bleiben unberührt. Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht sind, gehen den Vorschriften dieses Gesetzes vor.
(3) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung einem Oberlandesgericht die Entscheidung und Verhandlung für die Bezirke mehrerer Oberlandesgerichte oder dem Obersten Landesgericht zuweisen, sofern
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in dem Land mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind und |
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die Zuweisung für das Verbandsklageverfahren förderlich ist. |
Die Landesregierungen können die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf ihre Landesjustizverwaltung übertragen.
A. Zweck.
Rn 1
Die Vorschrift möchte VDuG-Klagen beim OLG am Sitz des beklagten Unternehmens konzentrieren. Sieht man dies iVm der gem § 16 Abs 5 und § 42 stets möglichen Revision, so wird deutlich, dass der Gesetzgeber diese Verbandsklagen für besonders wichtig hält. Das soll ein erstinstanzliches Verfahren vor dem OLG und die stets mögliche Überprüfung durch den BGH rechtfertigen.
B. Zuständigkeit in Fällen mit Auslandsberührung (Abs 2).
Rn 2
Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das Gesetz Klagen gegen im Ausland ansässige Unternehmen generell ausschließen wollte (vgl zu diesen Konstellationen auch Thönissen EuZW 23, 637).
I. Beklagtes Unternehmen mit Sitz in einem EU-Mitgliedstaat.
Rn 3
In Fällen mit Auslandsberührung mag die Zuständigkeitskonzentration nicht immer gelingen. Das liegt an der vorrangig anwendbaren EU-VO 1215/2012 (Brüssel Ia-VO), auf die sich Abs 2 vornehmlich bezieht. Klagt ein inländischer Verband gegen ein Unternehmen mit Sitz im EU-Ausland, so kann – je nach Sachverhalt – insb gem Art 7 Abs 2 Brüssel Ia-VO ein Gerichtsstand im Inland bestehen. Da diese Vorschrift neben der internationalen auch die örtliche Zuständigkeit regelt, kann die Klage im Gerichtsbezirk des Tatorts erhoben werden. Da das EU-Recht aber zur sachlichen Zuständigkeit keine Vorgabe macht, ist § 3 Abs 1 nach dem Zweck der Vorschrift dahingehend auszulegen, dass dann das für diesen Gerichtsbezirk zuständige OLG sachlich zuständig ist (BTDrs 20/6520, 71).
II. Beklagtes Unternehmen mit Sitz im Nicht-EU-Ausland.
Rn 4
Hat das Unternehmen seinen Sitz außerhalb der EU, so ist die Brüssel-Ia-VO idR nicht anwendbar. Für Individualklagen gilt zwar der Verbrauchergerichtsstand des Art 18 Abs 1 Brüssel Ia-VO auch gegen Unternehmen aus Drittstaaten; dieser ist aber auf Verbandsklagen mangels Vertragsbeziehung des Verbands mit dem Unternehmer nicht anwendbar (vgl EuGH C-167/00 – Henkel = ECLI:EU:C:2002:555).
Rn 5
Bei Unternehmen aus Norwegen, Island oder der Schweiz kommt eine Anwendung von Art 5 Nr 3 des Lugano-Übereinkommens in Betracht.
Rn 6
Der Vorschrift ist nicht zu entnehmen, dass Unternehmen aus sonstigen Drittstaaten gar nicht gem VDuG verklagt werden könnten; eine solche Verkürzung des Rechtsschutzes für inländische Verbraucher wäre im Kontext der Globalisierung auch nicht angemessen. Daher gelten in solchen Fällen die allgemeinen Regeln zur örtlichen und internationalen Zuständigkeit (zB § 32 ZPO), wobei sachlich wiederum das OLG zuständig ist.
C. Landesrechtliche Zuständigkeitskonzentration (Abs 3).
Rn 7
Von der Option zur weiteren Zuständigkeitskonzentration an einem einzigen OLG wurde bisher in Nordrhein-Westfalen (OLG Hamm) und Bayern (BayObLG) Gebrauch gemacht.