Rn 32
Sowohl das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 I als auch das selbstständige Beweisverfahren nach § 485 II sind im Verhältnis zum Hauptsacheverfahren jew eine selbstständige Gebührenangelegenheit, denn sie werden in § 19 RVG nicht als zum Rechtszug gehörig genannt. Deshalb können sowohl im selbstständigen Beweisverfahren als auch in dem parallel oder anschließend anhängigen Hauptsacheverfahren die Rechtsanwaltsgebühren gesondert anfallen, dies allerdings mit der Anrechnung von Verfahrensgebühren bei Tätigkeit desselben RA in beiden Verfahren.
Rn 32a
Der im selbstständigen Beweisverfahren tätige RA verdient die 1,3-Verfahrensgebühr nach Nr 3100 VV RVG; als Bevollmächtigter des Ag erhält er im Falle einer vorzeitigen Erledigung, zB ohne Einreichung eines Schriftsatzes mit einem Gegenantrag oder Sachvortrag, die Verfahrensgebühr zum Satz von 0,8 nach Nr 3101 Nr 1 VV RVG (München 20.9.12 – 11 W 1667/12 = Rpfleger 13, 51: Auch im selbstständigen Beweisverfahren ist grds die Hinzuziehung eines RA durch den Ag zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich, sodass dessen gesetzliche Gebühren u Auslagen bei Vorliegen einer entsprechenden Kostengrundentscheidung v ASt zu erstatten sind; aber München 28.3.00 – 11 W 1086/00 = NJW-RR 00, 1729: Die Gebühren eines RA, der nach Vorlage des Gutachtens im selbstständigen Beweisverfahren nur mit dem Ziel tätig wird, eine Kostenentscheidung nach § 269 III oder § 494a II zu erreichen, sind nicht erstattungsfähig).
Rn 32b
Zur Anrechnung der Verfahrensgebühr: Schließt sich an das selbstständige Beweisverfahren das Hauptsacheverfahren an oder kommt es während des Hauptsacheverfahrens zu einem selbstständigen Beweisverfahren, findet eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens auf die des Hauptsacheverfahrens statt (Vorbem 3 V VV RVG), dies aber nur unter der Voraussetzung einer Identität der Streitgegenstände, der Streitwerte sowie der Person des Prozessbevollmächtigten. Folgt auf ein selbstständiges Beweisverfahren mit einem niedrigen Gegenstandswert ein Verfahren zur Hauptsache nach einem höheren Wert, ist die geringere Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens auf die höhere des Verfahrens zur Hauptsache anzurechnen; folgt auf die Durchführung eines Beweisverfahrens mit einem höheren Streitwert eine Hauptsacheklage mit einem geringeren Wert, findet eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des Beweisverfahrens nur nach dem geringeren Wert statt (Ddorf AnwBl 99, 131: Der Ausschluss eines doppelten Ansatzes anwaltlicher Gebühren für das selbstständige Beweisverfahren u für den Hauptsacheprozess gilt unabhängig v Zeitpunkt der Anhängigkeit der Verfahren; Stuttg 15.7.08 – 8 W 264/08 u 265/08: Die gem Vorbem 3 V VV RVG gebotene Anrechnung der Verfahrensgebühr hat dergestalt zu erfolgen, dass die zeitlich zuvor entstandene Verfahrensgebühr im selbstständigen Beweisverfahren Bestand hat u die Verfahrensgebühr im Hauptsacheverfahren durch Anrechnung in Wegfall kommt; München 11.2.09 – 11 W 2855/08: Nach Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens bei Identität der Personen u des Gegenstands ist die dort entstandene Verfahrensgebühr auf die der Hauptsache so anzurechnen, dass die zeitlich zuvor entstandene Verfahrensgebühr im selbstständigen Beweisverfahren Bestand hat, während die des Hauptsacheverfahrens durch Anrechnung ganz oder tw in Wegfall kommt; Frankf 21.8./11.9.12 – 18 W 155/12: Die Verfahrensgebühren der selbstständigen Beweisverfahren ist von der im Hauptsacheverfahren angefallenen Verfahrensgebühr in Abzug zu bringen; es kommt nicht darauf an, ob das selbstständige Beweisverfahren vor oder während der Anhängigkeit des Hauptverfahrens durchgeführt wird; Celle 8.9.15 – 2 W 193/15 = BauR 16, 546: Eine Anrechnung der Verfahrensgebühr des selbstständigen Beweisverfahrens auf die Verfahrensgebühr des Hauptsacheverfahrens gem Vorbem 3 V VV RVG hat auch dann zu erfolgen, wenn der ASt des selbstständigen Beweisverfahrens im Hauptsacheverfahren des Ag, in dem dieser seinen Werklohnanspruch einklagt, als Nebenintervenientin die im selbstständigen Beweisverfahren festgestellten Mängel einwendet). Vertritt der RA mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands, erhöht sich die Verfahrensgebühr um 0,3 je weiterem Auftraggeber gem Nr 1008 VV RVG.
Rn 32c
Auch wenn es nicht zu einer mündlichen Verhandlung über den gestellten Antrag kommt, kann die 1,2 Terminsgebühr nach Nr 3104 VV RVG anfallen, indes je Angelegenheit nur einmalig (§ 15 II 1 RVG), nämlich auch dann, wenn der RA an einem von dem gerichtlich bestellten SV anberaumten Termin teilnimmt (Vorbem 3 III 3 Nr 1 VV RVG) bzw wenn der RA an Besprechungen oder Terminen ohne Beteiligung des Gerichts u des SV mit dem Gegner oder einem Dritten teilnimmt, um weitere Streitigkeiten oder einen bereits anhängigen oder evtl nachfolgenden Rechtsstreit zur Hauptsache zu beenden oder zu vermeiden (Vorbem 3 III 3 Nr 2 VV RVG) (Zweibr 5.7.16 – 6 W 37/16 = NJW-RR 17, 63: Eine von dem Gegner bei seinem Unt...