Rn 33

Eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts ist möglich, wenn der Unterhaltsverpflichtete deutlich geringere Wohnkosten hat, als in den Leitlinien berücksichtigt sind. Dies kann in Betracht kommen, wenn der Unterhaltspflichtige wieder verheiratet ist oder mit einem neuen Partner in einer nicht ehelichen Gemeinschaft zusammen lebt und von diesem oder dem neuen Ehegatten die Wohnkosten getragen werden (BGH FamRZ 84, 683; aA Hamm FamRZ 00, 428, das verkennt, dass freiwillige Leistungen Dritter im Mangelfall angerechnet werden dürfen).

 

Rn 34

Der Herabsetzung des notwendigen Selbstbehaltes wegen mietfreien Wohnens steht nicht entgegen, dass grds freiwillige Leistungen Dritter an den Unterhaltspflichtigen, die dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten nicht zugutekommen sollen, unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen zu behandeln sind. Die Herabsetzung des notwendigen Selbstbehaltes im Hinblick auf die Mietkostenersparnis betrifft einen anderen Problembereich, bei dem für diese Argumentation kein Raum besteht. Zudem ist immer dann, wenn es um die Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts geht, ein Mangelfall gegeben, bei dessen Vorliegen die Berücksichtigung freiwilliger Leistungen Dritter zulässig ist.

 

Rn 35

Vorsicht ist jedoch geboten, wenn dem Unterhaltsverpflichteten fiktive Einkünfte zugerechnet werden, weil er zB nur Arbeitslosengeld bezieht und gegen seine Erwerbsobliegenheit verstößt. Zahl zB der neue Lebenspartner die Wohnkosten insgesamt, kann dies auf den schlechten finanziellen Verhältnissen des Unterhaltsverpflichteten beruhen. Diese Großzügigkeit lässt sich nicht ohne Weiteres auf den Fall übertragen, dass dieser über ausreichende Erwerbseinkünfte verfügt. Möglicherweise müsste er sich dann an den Wohnkosten beteiligen. Es dürfte daher nicht ohne Weiteres möglich sein, den Selbstbehalt wegen Fehlens von Mietaufwendungen auch bei der Zurechnung fiktiver Einkünfte zu senken.

 

Rn 36

Man wird eine Herabsetzung des Selbstbehalts nicht schon dann in Betracht ziehen dürfen, wenn sich der Unterhaltsverpflichtete für bescheidene Wohnverhältnisse entschieden hat. Grundsätzlich muss es ihm überlassen bleiben, sich mit den verfügbaren Mitteln aus seinem notwendigen Selbstbehalt so einzurichten, wie es ihm beliebt. Jede andere Betrachtungsweise würde zu unangemessenen Eingriffen in die Lebensführung des Unterhaltsverpflichteten verleiten (BGH FamRZ 06, 1664).

 

Rn 37

Steht jedoch das Existenzminimum des Unterhaltsberechtigten in Frage, lässt sich eine Herabsetzung des Selbstbehalts bei mietfreiem Wohnen des Unterhaltsverpflichteten unter Beachtung der Besonderheit bei der Zurechnung fiktiver Einkünfte rechtfertigen, zumal bei einer Mangelfallberechnung, die dadurch vermieden würde, auch freiwillige Leistungen Dritter bewertet und zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit herangezogen werden dürfen.

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