Gesetzestext

 

(1) 1Das Familiengericht hat auf Antrag des Kindes die Einwilligung eines Elternteils zu ersetzen, wenn dieser seine Pflichten gegenüber dem Kind anhaltend gröblich verletzt hat oder durch sein Verhalten gezeigt hat, dass ihm das Kind gleichgültig ist, und wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde. 2Die Einwilligung kann auch ersetzt werden, wenn die Pflichtverletzung zwar nicht anhaltend, aber besonders schwer ist und das Kind voraussichtlich dauernd nicht mehr der Obhut des Elternteils anvertraut werden kann.

(2) 1Wegen Gleichgültigkeit, die nicht zugleich eine anhaltende gröbliche Pflichtverletzung ist, darf die Einwilligung nicht ersetzt werden, bevor der Elternteil vom Jugendamt über die Möglichkeit ihrer Ersetzung belehrt und nach Maßgabe des § 51 Abs. 2 des Achten Buches Sozialgesetzbuch beraten worden ist und seit der Belehrung wenigstens drei Monate verstrichen sind; in der Belehrung ist auf die Frist hinzuweisen. 2Der Belehrung bedarf es nicht, wenn der Elternteil seinen Aufenthaltsort ohne Hinterlassung seiner neuen Anschrift gewechselt hat und der Aufenthaltsort vom Jugendamt während eines Zeitraums von drei Monaten trotz angemessener Nachforschungen nicht ermittelt werden konnte; in diesem Falle beginnt die Frist mit der ersten auf die Belehrung und Beratung oder auf die Ermittlung des Aufenthaltsorts gerichteten Handlung des Jugendamts. 3Die Fristen laufen frühestens fünf Monate nach der Geburt des Kindes ab.

(3) Die Einwilligung eines Elternteils kann ferner ersetzt werden, wenn er wegen einer besonders schweren psychischen Krankheit oder einer besonders schweren geistigen oder seelischen Behinderung zur Pflege und Erziehung des Kindes dauernd unfähig ist und wenn das Kind bei Unterbleiben der Annahme nicht in einer Familie aufwachsen könnte und dadurch in seiner Entwicklung schwer gefährdet wäre.

(4) In den Fällen des § 1626a Abs. 2 hat das Familiengericht die Einwilligung des Vaters zu ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.

A. Grundlagen.

 

Rn 1

Im Hinblick auf das verfassungsrechtlich geschützte Elternrecht kann nur in Ausnahmefällen die Zustimmung der leiblichen Eltern zur Adoption ersetzt werden. In der Praxis wird häufig das Verfahren nach § 1666 überhaupt erst der Anstoß für die Herausnahme des Kindes aus dem Elternhaushalt sein und als Folge hiervon die Einleitung eines Annahmeverfahrens. Eine Beteiligung des Samenspenders für das Kind als leiblicher, aber nicht rechtlicher Vater im Adoptionsverfahren von Amts wegen kommt nicht in Betracht, sofern der Samenspender, der über die Geburt des Kindes informiert ist, keinerlei rechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Kind eingehen will und auf sein Recht, die Stellung als Vater des Kindes einzunehmen, endgültig verzichtet hat (Nürnbg FamRZ 20, 613).

 

Rn 2

[nicht besetzt]

B. Regelungsumfang.

I. Antragsverfahren.

 

Rn 3

Das Ersetzungsverfahren setzt stets einen Antrag des Kindes voraus. Die Regelungen des § 1746 geltend entspr. Dies bedeutet, dass mit Vollendung des 14. Lebensjahres das Kind selbst entscheidet, ob es den Antrag stellt, der gesetzliche Vertreter jedoch zustimmen muss. Da gerade in Fällen der Ersetzung häufig ein Interessenkonflikt bestehen wird, muss in diesen Fällen ein Verfahrensbeistand (§§ 158 III Nr 1, § 192 S 2 FamFG) für das Kind bestellt werden. Die Bestellung muss speziell für diesen Fall erfolgen, denn Pflegschaften allgemein erstrecken sich auf diese Fallgestaltung nicht (Stuttg FamRZ 04, 542).

 

Rn 3a

Die Ersetzung der Zustimmung strahlt zwar in das Adoptionsverfahren aus und ist eine der vielen Voraussetzungen für eine wirksame Annahme, jedoch ist das Ersetzungsverfahren ein eigenständiges Verfahren (§§ 186 Nr 2, 198 I FamFG). Dies ergibt sich aus der Auflistung in § 186 Nr 1 und 2 FamFG, welche zwischen Annahme- und Ersetzungsverfahren unterscheidet. Die örtliche Zuständigkeit kann daher mit der des Annahmegerichtes auseinanderfallen. Der Beschl muss begründet werden, da er rechtsmittelfähig ist und erst mit Rechtskraft Wirkung entfalten kann. Erst mit Eintritt der Unanfechtbarkeit ersetzt der Beschl die Willenserklärung des Elternteils, dessen Zustimmung oder Einwilligung erforderlich ist (§ 198 I FamFG).

II. Anhaltende gröbliche Pflichtverletzung (Abs 1).

 

Rn 4

Eine Ersetzung ist nur dann zulässig, wenn der Elternteil seine ggü dem Kind bestehenden Pflichten gröblich und anhaltend verletzt. Liegen die Voraussetzungen nach § 1666 vor, werden diese grds auch für die Ersetzung anzunehmen sein. Gröblich ist eine Pflichtverletzung stets dann, wenn Grundbedürfnisse des Kindes gefährdet werden. Neben der objektiven Pflichtverletzung bedarf es auch der Feststellung, dass subjektiv ein Mindestmaß an Einsichtsfähigkeit besteht, denn der Elternteil muss das Unrecht seiner Handlungsweise erkennen können (BayObLG FamRZ 99, 1688). So kann selbst eine über mehrere Jahre fehlende Sorge um das Kind nicht als ausgeprägte und langandauernde Pflichtverletzung einzuordnen sein, wenn das Verhalten des Elternteils bspw auf einer Suchterkrankung...

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