Gesetzestext

 

(1) Das Annahmeverhältnis kann auf Antrag vom Familiengericht aufgehoben werden, wenn es ohne Antrag des Annehmenden, ohne die Einwilligung des Kindes oder ohne die erforderliche Einwilligung eines Elternteils begründet worden ist.

(2) Der Antrag oder eine Einwilligung ist nur dann unwirksam, wenn der Erklärende

a) zur Zeit der Erklärung sich im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehenden Störung der Geistestätigkeit befand, wenn der Antragsteller geschäftsunfähig war oder das geschäftsunfähige oder noch nicht 14 Jahre alte Kind die Einwilligung selbst erteilt hat,
b) nicht gewusst hat, dass es sich um eine Annahme als Kind handelt, oder wenn er dies zwar gewusst hat, aber einen Annahmeantrag nicht hat stellen oder eine Einwilligung zur Annahme nicht hat abgeben wollen oder wenn sich der Annehmende in der Person des anzunehmenden Kindes oder wenn sich das anzunehmende Kind in der Person des Annehmenden geirrt hat,
c) durch arglistige Täuschung über wesentliche Umstände zur Erklärung bestimmt worden ist,
d) widerrechtlich durch Drohung zur Erklärung bestimmt worden ist,
e) die Einwilligung vor Ablauf der in § 1747 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Frist erteilt hat.

(3) 1Die Aufhebung ist ausgeschlossen, wenn der Erklärende nach Wegfall der Geschäftsunfähigkeit, der Bewusstlosigkeit, der Störung der Geistestätigkeit, der durch die Drohung bestimmten Zwangslage, nach der Entdeckung des Irrtums oder nach Ablauf der in § 1747 Abs. 2 Satz 1 bestimmten Frist den Antrag oder die Einwilligung nachgeholt oder sonst zu erkennen gegeben hat, dass das Annahmeverhältnis aufrechterhalten werden soll. 2Die Vorschriften des § 1746 Abs. 1 Satz 2, 3 und des § 1750 Abs. 3 Satz 1, 2 sind entsprechend anzuwenden.

(4) Die Aufhebung wegen arglistiger Täuschung über wesentliche Umstände ist ferner ausgeschlossen, wenn über Vermögensverhältnisse des Annehmenden oder des Kindes getäuscht worden ist oder wenn die Täuschung ohne Wissen eines Antrags- oder Einwilligungsberechtigten von jemand verübt worden ist, der weder antrags- noch einwilligungsberechtigt noch zur Vermittlung der Annahme befugt war.

(5) 1Ist beim Ausspruch der Annahme zu Unrecht angenommen worden, dass ein Elternteil zur Abgabe der Erklärung dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt sei, so ist die Aufhebung ausgeschlossen, wenn der Elternteil die Einwilligung nachgeholt oder sonst zu erkennen gegeben hat, dass das Annahmeverhältnis aufrechterhalten werden soll. 2Die Vorschrift des § 1750 Abs. 3 Satz 1, 2 ist entsprechend anzuwenden.

A. Grundlagen.

 

Rn 1

Aufgrund der sehr detaillierten Regelung werden die allgemeinen Regeln über Willensmängel für nicht anwendbar erklärt, soweit hier eine konkrete, auf das Adoptionsverfahren zugeschnittene Regelung erfolgt ist. Auch bei Feststehen eines Erklärungsmangels kann dieser nur dann zur Aufhebung führen, wenn der Antragsberechtigte innerhalb konkret bestimmter Fristen einen Antrag stellt (§ 1762). Auch muss das FamG prüfen, ob nicht nach § 1761 ein Aufhebungshindernis vorliegt. Mängel der aufgeführten Art haben nicht die Nichtigkeit der Adoptionsentscheidung zur Folge, sondern nur die Aufhebbarkeit. Grds will das Gesetz die Annahme bestehen lassen und die Aufhebung auf besonders wichtige Fälle, insb aus Gründen des Kindeswohls, beschränken (Ddorf FamRZ 08, 1282).

 

Rn 1a

Die Rechtsfolge der Nichtigkeit einer Adoption ist gesetzlich nicht normiert und muss auf besonders schwere Fälle begrenzt bleiben. Ein solcher kommt in Betracht, wenn die Entscheidung ohne jegliche rechtliche Grundlage ergangen ist oder eine der Rechtsordnung ihrer Art nach unbekannte Rechtsfolge ausspricht. Selbst die Geschäftsunfähigkeit des Annehmenden führt nicht zur Nichtigkeit, sondern aufgrund der Aufzählung in § 1760 II a) nur zur Aufhebbarkeit (Oldbg FamRZ 19, 903).

B. Regelungsumfang.

 

Rn 2

Nach I kann das FamG bei Vorliegen von Mängeln die Annahme aufheben, wenn ein entspr Antrag gestellt wird. Die Norm räumt dem FamG kein Ermessen ein, vielmehr handelt es sich um eine gebundene Entscheidung (MüKoBGB/Maurer, 8. Aufl 2020, § 1760 Rz 7; BeckOGK/Löhnig, 1.4.21, § 1760 Rz 35). Die bloße Feststellung des Mangels genügt jedoch nicht zwangsläufig für eine Aufhebung, stattdessen sind die Aufhebungshindernisse gem § 1761 zu beachten. Auch ohne Antrag ist zum Wohle des Kindes nach § 1763 die Aufhebung vAw möglich.

I. Erklärungsmängel (Abs 1).

 

Rn 3

Ein Aufhebungsgrund liegt vor, wenn kein Annahmeantrag vorgelegen hat oder die Annahme ohne die – notwendige – Einwilligung des Kindes oder eines Elternteils bzw deren wirksame Ersetzung erfolgt ist. Auch wenn in den vorherigen Vorschriften weitere Zustimmungen oder Einwilligungen gefordert werden, ist die Aufhebbarkeit auf das Fehlen der in I genannten Erklärungen beschränkt. Alle anderen Mängel sind nicht ausreichend, eine Aufhebung zu begründen.

 

Rn 3a

Ein Adoptionsbeschluss ohne erforderliche Zustimmung des Ehegatten ist zwar fehlerhaft, grds aber wirksam und unanfechtbar (Ddorf FamRZ 08, 1282–1283). Auch die fehlende Zustimmung zur Einwilligung des Kindes durch den ge...

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