Gesetzestext

 

(1) 1Hat eine Person nach einem anwendbaren ausländischen Recht einen Namen erworben und richtet sich ihr Name fortan nach deutschem Recht, so kann sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt

1. aus dem Namen Vor- und Familiennamen bestimmen,
2. bei Fehlen von Vor- oder Familiennamen einen solchen Namen wählen,
3. Bestandteile des Namens ablegen, die das deutsche Recht nicht vorsieht,
4. die ursprüngliche Form eines nach dem Geschlecht oder dem Verwandtschaftsverhältnis abgewandelten Namens annehmen,
5. eine deutschsprachige Form ihres Vor- oder ihres Familiennamens annehmen; gibt es eine solche Form des Vornamens nicht, so kann sie neue Vornamen annehmen.

2Ist der Name Ehename oder Lebenspartnerschaftsname, so kann die Erklärung während des Bestehens der Ehe oder Lebenspartnerschaft nur von beiden Ehegatten oder Lebenspartnern abgegeben werden.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Bildung eines Namens nach deutschem Recht, wenn dieser von einem Namen abgeleitet werden soll, der nach einem anwendbaren ausländischen Recht erworben worden ist.

(3) § 1617c des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(4) Die Erklärungen nach den Absätzen 1 und 2 müssen öffentlich beglaubigt oder beurkundet werden, wenn sie nicht bei der Eheschließung oder bei der Begründung der Lebenspartnerschaft gegenüber einem deutschen Standesamt abgegeben werden.

A. Einführung.

I. Bedeutung der Vorschrift.

 

Rn 1

I regelt die Namensführung nach Statutenwechsel des nach Art 10 wandelbar (Art 10 EGBGB Rn 12) angeknüpften Namensrechts von einem ausl zum deutschen Recht. II behandelt die Namensbildung unter deutschem Namensstatut, wenn der Name der Eltern oder des Ehegatten, von dem der zu bildende eigene Name abgeleitet wird, nach ausl Recht gebildet worden ist. In beiden Fällen wird eine beschränkte sachrechtliche Namenswahl gestattet. Es handelt sich nicht um eine Rechtswahl. Wegen der ausschl namensrechtlichen Bedeutung war die Vorschrift zunächst als Art 10a und b geplant (BTDrs 16/1831, 70 f). Bei dem anwendbaren ausl Recht muss es sich, ungeachtet der insoweit missverständlichen Kapitelüberschrift, nicht um dasjenige eines EU-Mitgliedstaates handeln.

 

Rn 2

Art 47 erfasst auch Altfälle, in denen die Einbürgerung vor seinem Inkrafttreten am 24.5.07 erfolgt ist (München NJW-RR 08, 1680; Henrich StAZ 07, 203 f; zur Fristlosigkeit s.u. Rn 22).

II. Natur und Ursprung der Vorschrift.

 

Rn 3

Da es sich nicht um eine Kollisions-, sondern um eine Sachnorm deutschen Namensrechts handelt (›kollisionsrechtsbezogene Regelung des materiellen Namensrechts‹, Mäsch IPRax 08, 17), ist die Regelung nicht in das zweite Kapitel des EGBGB (IPR) eingestellt, sondern in einem neu geschaffenen dritten Kapitel angehängt worden. Die Überschrift ›Angleichung‹ trägt das Kapitel nach der im Personenstandsrecht vor Einführung des Art 47 für entspr Erklärungen des Namensträgers üblichen Bezeichnung (vgl zB BayObLG StAZ 99, 74; 98, 284; dazu Rn 4), die sich nicht ganz mit dem kollisionsrechtlichen Angleichungs- oder Anpassungsbegriff (Art 3 EGBGB Rn 60) deckt. Treffender wäre die Bezeichnung als Transposition (dazu Art 3 EGBGB Rn 41, Rn 50; aA wohl Staud/Hepting Art 10 Rz 142, 146 und passim; ähnl wie hier aber ders aaO Rz 147 und 153 aE und wohl Henrich StAZ 07, 200 passim). Denn der unter ausl Recht gebildete Name muss in das deutsche Folgestatut, das ihn wegen des Grundsatzes der Namenskontinuität als wohlerworbenes Recht übernimmt (Art 10 EGBGB Rn 12), ›übersetzt‹ werden. Ähnl wie im deutschen Sachenrecht der numerus clausus stellt im deutschen Namensrecht die Aufgliederung in Vor- und Nachnamen eine Art des Typenzwangs dar, der bei der Übernahme fremder Institute deren Einpassung erfordert, die eine funktionale Analogisierung und ggf. eine Modifikation voraussetzen kann.

 

Rn 4

Vor Schaffung des Art 47 war der Rechtsanwender bei der Transposition auf sich gestellt (ausf Hepting StAZ 01, 257). Staatliche Stellen hörten dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspr die Betroffenen an, die sog Angleichungserklärungen abgeben konnten (Staud/Hepting Art 10 Rz 152). Diese waren bloße Hilfsmittel, aber keine namensbestimmenden Erklärungen. Empfangsbedürftigkeit und Anfechtbarkeit waren daher unklar (dazu zB BayObLG FamRZ 99, 1661; LG München I StAZ 06, 168; AG Hagen StAZ 03, 115; Staud/Hepting Art 10 Rz 149 ff). Nach Art 47 handelt es sich nunmehr um einen Akt privatautonomer Rechtsgestaltung. Dass die Gestaltung nur iRd durch I Nrn 1–5 gesetzlich vorgegebenen Grenzen möglich ist, ändert an dieser Qualifizierung nichts; insb kommt der Behörde keinerlei über die Rechtsprüfung hinausgehende Kontrollbefugnis mehr zu (ähnl Mäsch IPrax 08, 18; aA Henrich StAZ 07, 198/199 und wohl Staud/Hepting Art 10 Rz 161). Durch die Empfangszuständigkeit des Standesamts (dazu Rn 20) ist eine gewisse Konzentrationswirkung erreicht. Die Wahl ist zudem nicht mehr auf Fälle notwendiger Transposition beschränkt (Nrn 1, 2), sondern erlaubt in Nrn 3–5 darüber hinaus auch eine freiwillige Annäherung an das hierzulande Gebräuchliche.

 

Rn 5

Modell für Art 47 war § 94 BVFG (vgl BTDrs 16/1831, 70 ...

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