Gesetzestext
Die Annahme soll in der Regel erst ausgesprochen werden, wenn der Annehmende das Kind eine angemessene Zeit in Pflege gehabt hat.
Rn 1
Um die Voraussetzungen einer Adoption zu prüfen, insb die Eignung zur Adoption und das Entstehen einer Eltern-Kind-Bindung, soll das Kind zunächst eine angemessene Zeit zur Pflege desjenigen gegeben werden, der die Adoption anstrebt. Diese Probezeit ist nicht zwingend notwendig, kann jedoch nur dann entfallen, wenn auf andere Weise eine korrekte Prüfung der Adoptionsvoraussetzungen möglich ist. Die Dauer der Probezeit ist nicht bestimmt. IdR sollte die Pflegezeit, selbst im Fall einer Stiefkindadoption, den Zeitraum von einem Jahr nicht unterschreiten. Dabei ist zu beachten, dass ältere Kinder sich häufig mit größeren Schwierigkeiten als Säuglinge und Kleinkinder in der neuen Familie integrieren, sodass bei ihnen ggf eine längere Pflegezeit abzuwarten ist (Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, Empfehlungen zur Adoptionsvermittlung, 9. Aufl 22, 82). Wird ein als Wunschkind beider Lebenspartnerinnen durch Insemination mit dem Samen eines anonymen Spenders entstandenes Kind durch die Lebenspartnerin der Mutter angenommen, so ist nach AG Elmshorn kein Adoptionspflegejahr abzuwarten (FamRZ 11, 1316).
Rn 2
Das Adoptionspflegeverhältnis ist ein besonderes familienrechtliches Rechtsverhältnis, welches zeitlich der Annahme als Kind vorgelagert ist, und kommt durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen dem Jugendamt als Vormund und den Adoptionspflegeeltern zustande (OVG NRW JAmt 01, 426–430). Die Begründung des Adoptionspflegeverhältnisses ist formfrei möglich und setzt auch nicht voraus, dass die leiblichen Eltern bereits in die Adoption eingewilligt haben (OVG Bautzen JAmt 23, 485, 489 mAnm Hoffmann). Die Adoptionspflege ist in den §§ 44–49 SGB VIII geregelt (zur Abgrenzung zu §§ 27, 33 SGB VIII vgl VG Magdeburg ZfF 2005, 275–278; OVG NRW JAmt 2001, 426–430); eine Pflegeerlaubnis ist in diesem Fall nicht erforderlich (§ 44 I Nr 6 SGB VIII).
Rn 3
Die Pflegeperson hat in Angelegenheiten des täglichen Lebens das Vertretungsrecht, sie hat den Arbeitsverdienst des Kindes zu verwalten sowie Unterhalts-, Versicherungs-, Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen für das Kind geltend zu machen (§ 1688). Dieses Recht kann durch das Jugendamt als Amtsvormund des Kindes (§ 1751 I 2) oder durch gerichtliche Entscheidung eingeschränkt werden (§ 1688 III).
Rn 4
Mit Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern haften diese vorrangig hinsichtlich des Unterhaltes (§ 1751 IV). Der Anspruch auf Elterngeld entsteht bei Adoptionspflege eigenständig und wird nicht durch eine Inanspruchnahme von Elterngeld durch die leiblichen Eltern verbraucht (BSG FF 18, 176 [BSG 08.03.2018 - B 10 EG 7/16 R]).