Gesetzestext
(1) Der Betreute gilt als mittellos, wenn er den Vorschuss, den Aufwendungsersatz oder die Aufwandspauschale aus seinem einzusetzenden Vermögen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann.
(2) Der Betreute hat sein Vermögen nach Maßgabe des § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch einzusetzen.
Rn 1
Normzweck. § 1880 ersetzt § 1836d u § 1836c aF und bestimmt, inwieweit der Betreute die Kosten der Betreuung zu tragen hat und in welchem Umfang dem Staat bei Vorleistung ein Regressanspruch ggü dem Betreuten (bzw seine Erben) zusteht (BTDrs 19/24445, 314). Gem § 1808 II 1 gilt die Regelung auch für den Mündel. Im Gegensatz zu § 1836d aF bezieht sich die Vorschrift nur auf die Vergütung und den Aufwendungsersatz und die Aufwandspauschale der ehrenamtlich tätigen Betreuer und Vormünder iSd § 1875 (für Berufsbetreuer u Berufsvormund s §§ 2 I, 16 I iVm § 1880).
Rn 2
Ein Anspruch des Betreuers gegen die Staatskasse setzt voraus, dass die Voraussetzungen des § 1876 vorliegen und der Mündel mittellos ist. Mittellosigkeit iSd Normen liegt dann vor, wenn der Betreute den Aufwendungsersatz, die Aufwandspauschale oder die Vergütung aus seinem einzusetzenden Vermögen nicht oder nur zT oder nur in Raten aufbringen kann. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung der Mittellosigkeit ist grds der Zeitpunkt der Entscheidung der letzten Tatsacheninstanz (München FamRZ 07, 1188; Hambg FamRZ 08, 91; Hamm FamRZ 09, 1007; BGH FamRZ 13, 620; 21, 1743). Hat der Betreuer die bewilligte Vergütung bereits aus dem Vermögen des Betreuten entnommen, so ist auf den Zeitpunkt der Entnahme abzustellen (LG Koblenz FamRZ 06, 891; 10, 758). Entscheidende Änderung zu §§ 1836c und 1836d aF ist, dass nunmehr b ei der Ermittlung der Mittellosigkeit bei Betreuten und Mündel auf die Berücksichtigung des Einkommens verzichtet wird.
Rn 3
In welchem Umfang der Betreute sein Vermögen einsetzen muss und welche Vermögensbestandteile anrechnungsfrei bleiben, ergibt sich aus II iVm § 90 SGB XII. Das Vermögen muss dann nicht verwertet werden, wenn dies für den Betreuten eine besondere Härte darstellt, insb eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung, ggf auch eine angemessenen Todesfallvorsorge wesentlich erschweren würde (BayObLG FamZ 02, 416; LG Koblenz FamRZ 06, 647; BGH FamRZ 14, 1188).
Für die Berücksichtigung des Vermögens kommt es auf die Schongrenze für die Hilfe in besonderen Lebenslagen an, die sich nach § 90 SGB XII bestimmt und seit 1.1.23 10.000 EUR beträgt (BGH NJW 02, 366; Brandbg FamRZ 07, 854; Köln FamRZ 07, 1043; Zweibr FamRZ 06, 65: Sterbegeldversicherung über 3.000 EUR ist nicht unangemessen und daher dem Schonvermögen zuzurechnen; vgl auch Schlesw FamRZ 07, 1188; München FamRZ 07, 1189; zu einer angemessen Alterssicherung: München FamRZ 09, 1092; gilt auch für die von einem Betreuten in einer Werkstatt für behinderte Menschen bezogene Eingliederungshilfe: BGH FamRZ 19, 1006 und den Einsatz eines aus Pflegegeld nach § 37 SGB XI angesparten Vermögens: BGH FamRZ 20, 789; 21, 1998). Zu berücksichtigen ist nach § 90 I SGB XII iÜ das gesamte verwertbare Vermögen (München FamRZ 06, 730), also das verfügbare Aktivvermögen (LG Koblenz FamRZ 10, 329; LG Detmold FamRZ 11, 1003: auch Rückkaufwert einer Kapitallebensversicherung; BGH FamRZ 13, 874: ggf auch Vermögen, das durch Behindertentestament auf den Betroffenen übertragen worden ist oder der Testamentsvollstreckung unterliegt (LG Düsseldorf FamRZ 18, 1197). Verbindlichkeiten bleiben nach den sozialhilferechtlichen Grundsätzen außer Betracht, selbst wenn sie tituliert oder durch öffentlichen Leistungsbescheid festgesetzt sind (BayObLG BtPrax 04, 71; BGH FamRZ 13, 620; 21, 1743; 22, 731). Für den Umfang des dem Betreuer zu vergütenden Zeitaufwands ist hingegen darauf abzustellen, ob der Betreute im Vergütungszeitraum mittellos war (BGH FamRZ 21, 1743). Neben dem Schonvermögen braucht auch Vermögen, dessen Verwertung für den Mündel/Betreuten oder seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine besondere Härte (§ 90 III SGB XII) bedeuten würde, nicht eingesetzt zu werden (BayObLG FamRZ 04, 566; LG Aachen FamRZ 09, 1094; vgl auch Staud/Bienwald § 1836c aF Rz 19 ff mwN). Ein Geldbetrag, der zur baldigen Beschaffung eines Hausgrundstücks bestimmt ist, bleibt nur bei konkretem Nachweis der Bau- oder Erwerbsabsicht gem § 90 II Nr 3 SGB XII anrechnungsfrei (Hamm FamRZ 06, 506).