Prof. Dr. Maximilian Zimmer
Rn 19
Nach § 1954 bestimmen sich die Anfechtungsfrist und der Beginn der Anfechtungsfrist abw von den allgemeinen Vorschriften der §§ 121, 124.
Rn 20
Die Anfechtungsfrist beträgt grds 6 Wochen, § 1954 I, bei Auslandsbezug, dh wenn entweder der Erblasser seinen letzten Wohnsitz (§ 7 Rn 3) im Ausland hatte oder sich der Erbe bei Fristbeginn im Ausland aufhält (Tagesausflug genügt nicht; BGH NJW 19, 1071 [BGH 16.01.2019 - IV ZB 21/18]), 6 Monate, § 1954 III. Die Frist beginnt im Falle einer Anfechtung wegen Drohung mit dem Wegfall der Zwangslage, II, iÜ mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes, wobei positive Kenntnis erforderlich ist. Der Anfechtungsberechtigte muss die das Anfechtungsrecht begründenden Tatsachen kennen und erkennen, dass seine Erklärung eine andere Bedeutung und Wirkung hatte, als er ihr beilegen wollte, wobei die Gewissheit, der Anfechtungsgrund werde erfolgreich sein, nicht erforderlich ist (BayObLG ZEV 98, 430 [OLG Düsseldorf 17.09.1997 - 3 Wx 287/97]). Auf die Kenntnis des Bevollmächtigten kommt es nur an, wenn die Vollmacht auch die Regelung der Erbschaftsangelegenheiten umfasst (KG FGPrax 04, 126 [KG Berlin 16.03.2004 - 1 W 458/01]). Bei nicht voll geschäftsfähigen Erben ist gem § 166 I die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (ggf beider Elternteile) erforderlich.
Rn 21
Fahrlässiges Nichtwissen reicht nicht aus; entspr gilt bei bloßen Verdachtsgründen (BGH WM 1973, 750). Nicht erforderlich ist, dass der Erbe, wenn er den Anfechtungsgrund kennt, auch sein Anfechtungsrecht kennen muss (Hamm FamRZ 85, 1185). Wurde die Erbschaft durch Versäumen der Ausschlagungsfrist angenommen, beginnt die Anfechtungsfrist bereits mit Kenntnis der Annahmewirkung und nicht erst mit Kenntnis der Anfechtungsmöglichkeit (BayObLG NJW-RR 93, 780 [BayObLG 24.02.1993 - 1 Z BR 55/92]). Kann das Nachlassgericht den Fristbeginn nicht feststellen, weil der Anfechtende seiner Mitwirkungspflicht (§ 27 FamFG) nicht nachkommt, geht dies zu Lasten des Anfechtenden (Ddorf FamRZ 13, 1765; vgl auch § 121 Rn 8).
Rn 22
Auf den Lauf der Anfechtungsfrist finden die Verjährungsvorschriften der §§ 206, 210, 211 entspr Anwendung, dh für die §§ 206, 210 wird auf § 1944 Bezug genommen. Nach § 211 analog endet das Anfechtungsrecht nicht vor Ablauf der Anfechtungsfrist nach dem Zeitpunkt, in dem die Erbschaft von dem Erben angenommen wird, wobei grds auf den Zeitpunkt nach § 1943 abzustellen ist. Dies gilt auch dann, wenn die Anfechtung von einem Vertreter oder gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Bei mehreren Erben ist die Annahme sämtlicher Erben erforderlich. Nichts anderes gilt im Falle der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens, da der Insolvenzverwalter nach § 83 I 1 InsO ebenso wenig zur Anfechtung berechtigt ist wie zur Annahme oder Ausschlagung. Nachlassverwalter, Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker sind nicht zur Anfechtung befugt (MüKo/Leipold § 1954 Rz 16).
Rn 23
Stirbt der Erbe innerhalb der für ihn laufenden Anfechtungsfrist, ohne dass er die Anfechtung erklärt hat, geht das Anfechtungsrecht als Bestandteil seines Nachlasses (= Zweitnachlass) auf seinen Erben, dh den Erbeserben, über, der, da die Anfechtungsfrist nicht vor Ablauf von 6 Wochen bzw 6 Monaten nach Erbschaftsannahme endet, die Anfechtung des vorherigen Erben noch innerhalb der für ihn geltenden Anfechtungsfrist für das zweite Erbe erklären kann.
Rn 24
Nach § 1954 IV ist das Anfechtungsrecht ausgeschlossen, wenn seit der Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft 30 Jahre verstrichen sind.