Gesetzestext
(1) 1Der Mieter wird von der Entrichtung der Miete nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. 2Der Vermieter muss sich jedoch den Wert der ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vorteile anrechnen lassen, die er aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs erlangt.
(2) Solange der Vermieter infolge der Überlassung des Gebrauchs an einen Dritten außer Stande ist, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, ist der Mieter zur Entrichtung der Miete nicht verpflichtet.
A. Anwendungsbereich.
Rn 1
Die Vorschrift gilt für alle Mietverhältnisse.
B. Kein Gebrauch.
I. Verwendungsrisiko.
Rn 2
Nach § 537 I 1 wird darauf abgestellt, ob der Mieter durch einen in seiner Person liegenden Grund (auch vorzeitiger Auszug, Saarbr IMR 15, 336; LG Berlin WuM 16, 227; vorzeitige Schlüsselrückgabe, Agatsy IMR 18, 154) an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird. Gleiches gilt, wenn zwar kein Hinderungsgrund vorliegt, der Mieter aber den Gebrauch nicht ausüben will. Das Verwendungsrisiko trägt grds der Mieter (BGH MDR 22, 552; NJW 97, 193; ZMR 15, 927); ihn trifft aber – Ausnahme: vereinbarte Betriebspflicht, vgl Leonhard AnwZert MietR 7/19 Anm 2) – keine Gebrauchspflicht (LG Berlin ZMR 18, 668). Der Vermieter muss dem Mieter nur die Möglichkeit des Gebrauchs verschaffen und hat hierzu die Mietsache in einem dem Verwendungszweck entspr Zustand zu halten (LG Münster ZMR 22, 308). Das Fortbestehen der Mietzahlungspflicht setzt voraus, dass der Vermieter seinerseits zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in der Lage war (Hamm 28.4.22 – 18 U 195/21).
Rn 3
§ 537 I 1 greift bereits ab dem Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrags ein und setzt nicht die Überlassung des Mietobjekts an den Mieter voraus. Die fehlende Erfüllungsbereitschaft des Vermieters steht der Anwendung des § 537 I 1 dann nicht entgegen, wenn sie ihren Grund in der Verwirklichung eines Risikos hat, das der Mieter tragen muss (Arnold JuS 23, 873 zu Hamm ZMR 23, 543; BGH NJW-RR 91, 267). Die Parteien können jedoch anderes vereinbaren, insbes dass für reservierte aber nicht in Anspruch genommene Hotelzimmer nichts zu bezahlen ist (München ZMR 13, 806).
II. Hinderung wegen eines in der Person des Mieters liegenden Grundes.
Rn 4
Die Hindernisse müssen sich aus der Person des Mieters ergeben. Auf ein Vertretenmüssen kommt es dabei nicht an, sondern es ist auf die Risikosphäre abzustellen, aus der der Hinderungsgrund stammt (BGH NJW 63, 341; Rostock ZMR 20, 938 Rz 21). Maßgeblich ist allein, ob die Gründe, aus der Risikosphäre des Mieters stammen. Zu pandemiebedingten Gebrauchseinschränkungen und vertraglicher Risikoverteilung vgl. Sittner NJW 20, 1169, Leo/Götz NZM 20, 402, Zehelein NZM 20, 390, Hinterseer-Zbib AnwZert MietR 2/21 Anm 1, Schall JZ 21, 455, LG München I ZMR 21, 317 u MietRB 21, 140 sowie BGH NZM 22, 99; 22, 292.
Rn 5
Bsp für Hinderungsgründe in der Person des Mieters finden sich bei Schmid/Harz/Stangl § 537 Rz 7.
C. Anrechnung.
I. Schadensminderungspflicht.
Rn 6
Den Vermieter trifft grds keine Pflicht zur anderweitigen Verwertung der Sache während der Gebrauchshinderung des Mieters (Schmid DWW 09, 203). Eine Schadensminderungspflicht des Vermieters besteht nicht, da § 254 an einen Schadensersatzanspruch anknüpft, nicht aber an einen Erfüllungsanspruch, der hier gegeben ist (BGH NJW 07, 2177 = ZMR 07, 601). Der BGH (NJW 08, 1148 = ZMR 08, 278; hiergegen Schmid DWW 09, 203; LG Osnabrück 25.9.18 – 1 S 132/18 Juris) nimmt jedoch gleichwohl eine nicht näher erläuterte Verpflichtung des Vermieters an, ›sich redlich zu bemühen, durch eine Gebrauchsüberlassung an Dritte aus der vom Mieter vertragswidrig geschaffenen Situation im beiderseitigen Interesse das Beste zu machen.‹ Das aber begründet die Gefahr des Einwandes aus § 537 II (s hierzu Schmid DWW 09, 203 u Rn 18).
II. Ersparte Aufwendungen.
Rn 7
Es ist auf die tatsächliche Ersparnis abzustellen, nicht auf dasjenige, was sich der Vermieter hätte ersparen können (LG Kassel WuM 89, 410 [LG Kassel 09.03.1989 - 1 S 418/88]). Dies betrifft insb die verbrauchsabhängigen Betriebskosten, sofern der Vermieter diese zu tragen hat. Im Gegensatz dazu wird keine Ersparnis bei fixen Kosten, wie Grundsteuer, Versicherungsprämien eintreten. Auch ersparte Wartungs- und/oder Instandhaltungspflichten können zu einem anrechenbaren Vermögensvorteil führen, der nach § 287 ZPO schätzbar sein kann (Ddorf ZMR 85, 382). Zu ersparten Anmietkosten des Vermieters vgl Ddorf ZMR 17, 558.
III. Vorteile aus einer anderweitigen Verwertung des Gebrauchs.
Rn 8
Die anderweitige Verwertung kann in einer Eigennutzung oder in einer vorläufigen Weitervermietung liegen. Der Vermieter muss aber stets in der Lage bleiben, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren, da er ansonsten Gefahr läuft, nach II den Anspruch auf die Miete zu verlieren (s unten Rn 18). Den Vermieter trifft grds keine Pflicht zur anderweitigen Verwertung der Sache während der Gebrauchshinderung des Mieters (LG Osnabrück 25.9.18 – 1 S 132/18 – juris, aA LG Braunschweig WuM 98, 220).
IV. Stellung eines Ersatzmieters.
1. Allgemeines.
Rn 9
Dabei ist zu unterscheiden, ob es bereits im Mietvertrag eine Ersatzmieterstellung vereinbart ist oder nicht (Lützenkirchen § 537 Rz 32 ff). Ggf ist durch interessengerechte Auslegung zu e...