Rn 5
Ein berechtigtes Interesse des Mieters im Hinblick auf die begehrte bauliche Veränderung wird nicht gefordert. Die Interessenabwägung findet erst iRd Ausnahme des § 554 I 2 statt.
Der Begriff ›bauliche Veränderung‹ ist weit zu verstehen; von ihm werden auch Veränderungen der Anlagentechnik des Gebäudes erfasst. Diese bauliche Veränderung beschränkt sich nicht auf die Mietwohnung. Der Mieter kann etwa einen Treppenlift in dem gemeinschaftlich genutzten Treppenhaus einbauen lassen wollen.
1. Behinderung.
Rn 6
›Behindert‹ ist nicht im engen Sinne des Sozialrechts zu verstehen. Erfasst werden soll jede erhebliche und dauerhafte Einschränkung der Bewegungsfähigkeit (vgl BGG v 27.4.02, BGBl I 02, 1467; Art 1 II CRPD; Hogenschurz FS Hannemann 23, 181; Happ WuM 20, 756). § 554 I 1 meint solche baulichen Veränderungen, die Menschen mit Behinderungen den Gebrauch der Mietsache erleichtern. Hierzu zählen Maßnahmen, die für eine Nutzung durch körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen zumindest eine Erleichterung sind.
Rn 7
Es muss auch nicht eine Barrierefreiheit iSd § 4 BGG erreicht werden. Dies wird nur bejaht bei solchen baulichen Maßnahmen und Anlagen, verkehrsmitteltechnischen Gebrauchsgegenständen etc, wenn sie für behinderte Menschen in der allg üblichen Weise ohne besondere Erschwernis und grds ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind (Braun MDR 02, 862, 864 linke Spalte). Eine Barrierereduzierung genügt.
Rn 8
Wegen der neuen Verweisung in § 578 I besteht ein Anspruch des Mieters gem. § 554 I 1 auf Erteilung einer Veränderungserlaubnis auch in der Gewerbemiete. Wegen der Zugangserleichterung zB für Patienten und Kunden mit (Geh-)Behinderungen besteht dem Grunde nach ein Anspruch auf eine Rollstuhlrampe im Zugangsbereich zum Aufzug. Dieser kann noch an der Interessenabwägung nach § 554 I 2 scheitern.
2. E-Mobilität.
Rn 9
Wie bei den privilegierten baulichen Veränderungen nach § 20 II 1 Nr 2 WEG besteht ein Erlaubnisanspruch für Maßnahmen, die dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge (vgl insb § 2 Nr. 1 EmoG) dienen (Horst NZM 22, 313). Hierzu zählen: reine Batterieelektrofahrzeuge, von außen aufladbare Hybridelektrofahrzeuge, Brennstoffzellenfahrzeuge, elektrisch betriebene Zweiräder. Elektromobile für Gehbehinderte, die nicht unter das EmoG fallen ebenfalls. Es geht primär um die Errichtung eines Ladepunktes (Wallbox), einer Ladesäule nebst Verlegung der erforderlichen Stromkabel.
Rn 10
Dem Aufladen solcher E-Fahrzeuge dienen auch bauliche Veränderungen, die zur Umsetzung von Vorgaben des Messstellenbetriebsgesetzes (MsbG) oder zur Teilnahme an einem Flexibilitätsmechanismus nach § 14a EnWG nötig sind (Veränderungen von Zählerschränken, Anbindung der Ladeeinrichtung an ein intelligentes Messsystem etc).
Rn 11
Der Anspruch des Mieters erfasst auch Maßnahmen zur Erhaltung, Verbesserung und Modernisierung einer bereits existenten Ladeinfrastruktur, vorbehaltlich der Interessenabwägung nach I 2. Ein Modernisierungsanspruch wird zu bejahen sein, wenn die weitere Maßnahme eine wesentliche Beschleunigung des Ladevorgangs bewirkt.
Rn 12
§ 554 erfasst nur bauliche Veränderungen im Bereich der Mietsache oder der Gemeinschaftsflächen, die dem Mieter vertraglich zur alleinigen oder zumindest zur gemeinschaftlichen Nutzung zugewiesen sind. Räume und Flächen, deren Nutzung dem Mieter nur widerruflich gestattet wurde, sind nicht betroffen.
3. Einbruchsschutz.
Rn 13
Gemeint sind bauliche Maßnahmen, die den widerrechtlichen Zutritt zur Wohnung des Mieters verhindern, erschweren oder zumindest unwahrscheinlicher machen können. Der Anspruch umfasst in der Wohnung zB Wohnungstürspione, einbruchshemmende Türen und Fenster, Alarmanlagen etc. Außerdem kann der Mieter etwa die Erlaubnis zur Errichtung von einbruchsschützenden Anlagen in gemeinschaftlich genutzten Bereichen des Mietgrundstücks/-objekts beanspruchen, zB ein Schließsystem an der Hauseingangstür. Gegenläufige Interessen anderer Mieter im selben Objekt sind iRd Interessenabwägung nach I 2 aufseiten des Vermieters zu gewichten/bewerten.